III. Materie und Leben
5. Kausalität und Zweckmäßigkeit um
Für die hier folgenden Untersuchungen wollen wir, wie das allgemein einz
noch heute geschieht, die physikalische Kausalität einstweilen im Sinne nur
des früher (S. 194 ff.) Entwickelten als eine streng gültige ansehen, uns Wein
also hier um die gegenwärtig in der Physik zur Debatte stehenden ford
Konsequenzen der Heisenbergschen usw. Untersuchungsergebnisse nd
noch nicht kümmern. Auf diese wollen wir vielmehr weiter unten be- Vita
sonders eingehen, vorläufig dagegen uns daran halten, daß ja jedenfalls solle
für das makroskopische Geschehen die eindeutige Vorausberechenbarkeit fisel
im Sinne der Physik mit sehr großer Wahrscheinlichkeit möglich ist gien
(s. oben). Auf diesen Standpunkt haben sich bemerkenswerterweise Ic
bisher nicht etwa nur die Mechanisten, sondern auch die Vitalisten ein- 8. 4
mütig gestellt, ob mit Recht oder Unrecht, wollen wir dann unten sehen, Fakt
zunächst aber uns ihnen darin anschließen. Es scheint ja auf den ersten ist a
Blick auch völlig einleuchtend zu sein, daß der allgemeine Grundsatz hebt
der Kausalität „unter gleichen Umständen geschieht Gleiches“ auch der
im Biologischen Geltung besitze. Wenn z. B. aus zwei anscheinend genau durc
gleichen Eiern unter den gleichen äußeren Bedingungen von Wärme, schli
Druck usw. zwei doch etwas verschiedene Tiere hervorgehen, so wird Sen
niemand auch nur einen Augenblick zögern, den Schluß zu ziehen, daß einfü
demnach entweder die inneren Verhältnisse im Ei oder die äußeren Um- der \
stände doch nicht so übereinstimmten, wie es den Anschein hatte. Begr
Ganz etwas anderes aber ist nun offenbar die Frage, welches und
die in Betracht kommenden Umstände sind. Darüber sagt das zutre
„Kausalitätsprinzip‘“ gar nichts aus, kann es gar nichts aussagen, da eine
es ja eine rein formale Forderung enthält. Jede in der wirklichen Welt die 1
uns vorkommende Reihe notwendig, d.h. gesetzmäßig miteinander ob si
verknüpfter Umstände formulieren wir in einem „Naturgesetz‘“. Das nur 3
Prinzip sagt nur aus, daß, wenn einmal die Umstände A, B, C... den Prob]
Erfolg X, Y, Z... mit sich führen, dann dies unter sonst gleichen Um- einen
ständen stets der Fall ist. Aber weder kann es aussagen, wie vielerlei Zu
und welche Kategorien solcher Umstände und Erscheinungen überhaupt klarzı
existieren, noch welche von ihnen im einzelnen miteinander verknüpft schlag
sind. Sonst müßte doch zum mindesten die gesamte Physik und Chemie dem ı
inhaltlich aus dem bloßen Kausalitätsprinzip ableitbar sein. Von nach
solchen Versuchen sind wir aber seit Hegel wohl geheilt. Es ist also den g
hiernach klar, daß das Kausalprinzip allein uns a priori nichts zur Ent- anerk
scheidung. der Frage nach der eventuellen ‚„Eigengesetzlichkeit“ des soll.
Lebens verhelfen kann. Wenn wir uns auf seinen Standpunkt stellen große
(was wir, wie oben gesagt, hier einstweilen tun wollen), so könnten des- eine ı
halb die Vitalisten doch recht haben mit ihrer Behauptung, daß neben gesehe
den physikalisch-chemischen eben noch Faktoren ganz anderer Art schlag
(Dominanten, Entelechien od. dgl.) in Betracht zu ziehen seien. Darüber, her al
370