Full text: Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften

8. Problem der Artenbildung 427 
ı Ein- Haeckel glaubte) ein strenges Gesetz ist, sondern vielmehr nur eine 
’eilich Regel vorstellt, von der es zahlreiche Ausnahmen gibt. Die den er- 
lchen wähnten analogen Fälle sind ihrerseits viel zu zahlreich, als daß sie auf 
Zufall beruhen könnten, und wir erlangen auf diesem Wege wirklich 
offenbar ziemlich weitreichende Aufschlüsse über die etwaigen Ahnen- 
stadien der betreffenden Wesen, nur müssen wir uns dabei gegenwärtig 
halten, daß solche Schlüsse, da sie zunächst hypothetisch sind, noch 
weiterer Nachprüfung auf anderen Wegen bedürfen. In diesem Betracht 
macht die Abstammungslehre natürlich keine Ausnahme von der all- 
gemeinen Regel, daß naturwissenschaftliche Erkenntnis nur durch die 
Konvergenz der Ergebnisse zu einiger Sicherheit gelangen kann. 
Mit dem Angeführten sind die direkten Gründe für die Deszendenz- 
lehre im wesentlichen erschöpft. Es kommen aber dazu noch eine ganze 
Reihe indirekter und allgemeiner Gründe. 
Zu den indirekten (nicht den direkten, wie manche wollen) gehören 
in erster Linie die Ergebnisse der sog. „biologischen Reaktion‘ oder 
„Blutreaktion‘. Es war schon oben einige Male die Rede von der Tat- 
sache, daß jede Art ihre eigene Art von Protoplasma (Artplasma) besitzt. 
Den experimentellen Beweis dafür zu führen ist auf dem üblichen chemi- 
schen Wege allerdings nicht gut möglich, da wir die Plasmasubstanzen 
bisher zu wenig kennen. Wir verdanken aber Uhlenhuth, Frieden- 
thal u.a. Methoden, die nicht minder scharf wie irgendeine andere 
chemische Reaktion die einzelnen Plasmakörper zu erkennen gestatten, 
und übrigens deshalb auch in der gerichtlichen Medizin, zur Unter- 
scheidung z. B. von Tier- und Menschenblut angewendet werden. Das 
Verfahren ist in Kürze etwa folgendes: 
Man hatte schon früher bemerkt, daß, wenn man einem Tiere Blut 
von einer anderen Art einspritzt, dann mehr oder minder schwere Ver- 
giftungserscheinungen auftreten, ähnlich denen, die nach dem Eindringen 
von Mikroorganismen (Krankheitserregern) sich einstellen. Wir wissen 
heute (s. oben S. 298), daß auch in letzterem Falle es gewisse von den 
Bazillen usw. ausgeschiedene Stoffe (Toxine) sind, die die betreffenden 
Vergiftungserscheinungen veranlassen. In allen diesen Fällen wehrt sich 
der Körper des angegriffenen Tieres durch die Erzeugung von sog. „Anti- 
körpern‘‘ (Antitoxine, Präzipitine, Bakteriolysine, Agglutinine usw.), die 
in irgendeiner Weise die eingedrungenen Gifte bzw. die sie produzieren- 
den Krankheitserreger selbst unschädlich machen. Da diese Antikör- 
per meist im Überschuß erzeugt werden, so wird der Organismus dann 
konn- gegen die weitere Schädigung derselben Art gewappnet, er erwirbt „„Im- 
on. der munität‘‘. Diese „Antikörper‘‘ sind nun aus dem Blute der behandelten 
rungs- Tiere zwar bisher nicht isolierbar, aber man kann sie wenigstens in einer 
nsicht klaren farblosen Lösung erhalten, wenn man das Blut, etwa durch Zen- 
b (wie trifugieren, von den darin suspendierten. roten Blutkörperchen befreit.
	        
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