Full text: Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften

428 III. Materie und Leben 
Die so erhaltene farblose Flüssigkeit heißt bekanntlich Blutserum ha 
(daher auch z. B. Diphtherie-Heilserum). — Nun denke man sich etwa {0} 
einen Versuch ausgeführt in folgender Weise: Einem Meerschweinchen D: 
wird eine gewisse Dosis Menschenblut eingespritzt, natürlich nicht so Cs 
viel, daß es an dessen für das Meerschweinchen giftigen Eigenschaften GE 
stirbt. Es überwindet dann die Giftwirkung durch Produktion von ir. 
Antikörpern in seinem eigenen Blut. Dies wird mehrmals wiederholt en 
mit immer steigenden Dosen. Schließlich verträgt das Tier Injektionen Ja 
von Mengen Menschenblut, mit denen zehn oder noch mehr nicht vor- ZU 
behandelte Tiere tödlich vergiftet werden könnten. Nun wird sein Blut, IT 
das also reich an Antikörpern gegen das Menschenblutplasma ist, von Pr 
den festen Bestandteilen befreit, und wir haben diese Antikörper in 10 
einem klaren Serum. Mischt man jetzt dieses Serum mit ebenso klarem 
Menschenblutserum, so tritt alsbald eine Trübung ein, es bildet sich AR 
ein Niederschlag. Diese Reaktion bleibt dagegen aus, wenn man das 
Meerschweinchenserum von nicht vorbehandelten Tieren gewinnt. Die be 
Reaktion ist zu verstehen als eben die Wirkung, die die schützenden Sic 
Antistoffe auch im Blute des lebenden Tieres gegen das artfremde Ti 
(Menschen-) Plasma ausüben. Sie schlagen dieses in unlöslicher und damit N IT| 
unschädlicher Form nieder. In der gleichen Weise hat man mit einer Ve 
großen Reihe von Tierarten experimentiert, immer aber gefunden, daß IA 
die Reaktion durchaus spezifisch ist, d. h. daß sie nur dasjenige (art- 7b 
fremde) Blut anzeigt, mit dem das betreffende Versuchstier vorbehan- spi 
delt war (in unserem Beispiele also das Menschenblut). La 
Und doch ist die Reaktion nicht ganz streng spezifisch. Sie tritt an- Ve 
statt mit dem Blutserum der Art, die zur Vorbehandlung gedient hatte, AA 
auch in geringerem Grade ein mit Blutserum solcher Arten, die dieser Ar 
systematisch nahe verwandt sind. Ist beispielsweise das Meerschweinchen fas 
mit Hundeblut vorbehandelt, so tritt die Blutreaktion auch mit Wolfs- DT 
blut, schwächer auch mit Fuchs-, Schakalblut ein, ja in dem Grade der 
Trübung kommt im allgemeinen deutlich der Grad der systematischen An 
Verwandtschaft zum Ausdruck. So tritt die Reaktion statt mit Menschen- ge 
blut auch fast in demselben Grade der Stärke mit dem Blut der großen we 
menschenähnlichen Affen ein. — Von dieser nur allgemein gültigen Regel vol 
gibt es freilich Ausnahmen 1), wel 
Natürlich darf man aus diesen Tatsachen nun nicht, wie das populäre nal 
Fanatiker der Abstammungslehre getan haben, einen „direkten Beweis Fo: 
der Blutsverwandtschaft der Organismen‘‘ folgern. Denn die „„Blutsver- vi 
wandtschaft‘, die sie beweisen, d. h. die chemische Ähnlichkeit des Blu- der 
tes, ist selbstredend etwas ganz anderes als die „Blutsverwandtschaft‘‘, <ö 
die die Abstammungslehre meint. Diese mit jener verwechseln heißt WI 
eine quaternio terminorum begehen. Ebensowenig aber kann man natür- lic} 
lich auch, wie das einige antideszendenztheoretische Fanatiker getan Yon
	        
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