432 III. Materie und Leben
der Mensch vom Affen abstamme. Als ob es nur Affen und Menschen dan
in der Welt des Lebens gäbe — ganz abgesehen von dem Umstand, stell
daß heute kaum ein Deszendenztheoretiker mehr die genannte Be- auß
hauptung vertreten würde. nn
Wir knüpfen hier an den oben bereits gegebenen kurzen geschicht- sacl
lichen Überblick wieder an. Den ersten Versuch einer umfassenderen Nac
Begründung der Abstammungslehre machte, wie schon dort erwähnt, Te
Lamarck in seiner Philosophie zoologique vom Jahre 1809. Er suchte kon
hier vor allem Rechenschaft darüber zu geben 7), auf welche Weise, durch Art
welche Mittel die Natur diesen Umwandlungsvorgang bewirkt habe. haft
Lamarcks Erklärung geht aus von der Beobachtung, daß Gebrauch dan!
der Organe dieselben stärkt, Nichtgebrauch sie schwächt. Man denke EN
z. B. an die kräftigen Armmuskeln der Turner und Athleten, dagegen A
die schlaffe Muskulatur verwöhnter Faulenzer u. a. m. Auf Grund solcher „Ka
Beobachtungen denkt sich nun Lamarck etwa die Entstehung des Er k
langen Halses der Giraffe folgendermaßen: In einer Zeit, als in den dari
betreffenden Teilen Afrikas große Dürre herrschte, reckten die Stamm- Nahı
eltern der heutigen Giraffen ihre Hälse möglichst lang aus, um an das Dar
oben sitzende Laub der Bäume zu kommen. Diejenigen, die es in dieser Erfa
Kunst am weitesten brachten, hatten unter sonst gleichen Bedingungen Auslı
die größte Wahrscheinlichkeit zu überleben und Nachkommen zu er- RA
zeugen. Diesen aber wurde nun schon ein kleiner Teil der durch diese Tatsı
Übung erworbenen Halsstreckung vererbt, und indem sich der Vorgang gleic]
weiter in der gleichen Weise fortsetzte, steigerte sich so die Länge immer auch
mehr, bis sie schließlich den heutigen abnormen Wert erreichte. — Mit PEN
einer solchen Veränderung sind nun aber, wie Lamarck gleichfalls Die
betonte, stets mehrere andere notwendig verknüpft (Koadaptation), bedeı
bei der Giraffe z. B. Änderungen im Bau des Rumpfes und der Vorder- lehre
beine, die dann in der gleichen Weise herangezüchtet werden. BOS0r
Die Gründe, weshalb Lamarcks Werk es zu keinem durchschlagenden Natur
Erfolge brachte, sind ebenfalls bereits oben kurz angedeutet worden. Natu
Einen solchen brachte der Abstammungslehre erst das Werk Darwins, stisch
das genau 40 Jahre später erschien. Der Grundgedanke Darwins ist das bei d
Prinzip von der Auslese des Passendsten durch den „Kampf ums Dasein“, tauch
kurz das „Selektionsprinzip““ genannt. Um das an dem Giraffenbeispiel EDEN
Lamarcks zu erläutern, so hat man nach Darwin nicht von der direkten Welta
Anpassung der Individuen, sondern davon auszugehen, daß unter den S08Cn
Jungen derselben Eltern stets Tiere mit etwas längeren und solche mit zende
etwas kürzeren Hälsen sein werden, da sich in keiner Eigenschaft die „Kar
Nachkommen jemals alle vollständig gleichen. Unter diesen haben nun wie G
die langhalsigen die größere Wahrscheinlichkeit des Überlebens, und. so Dar N
wird schon in der nächsten Generation eine kleine Verschiebung der auf m
durchschnittlichen Halslänge nach oben hin stattgefunden haben, die sich Notwe
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