Full text: Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften

11. Die Selektionslehre 455 
ten, oder der von Papilio Merope, einer südafrikanischen Schmetter- 
lingsart%*), eines Verwandten des Schwalbenschwanzes. Die Weib- 
chen derselben — nur diese, nicht die Männchen — kommen außer 
in der normalen Form in drei verschiedenen anderen, äußerlich in der 
Färbung wie Form der Flügel völlig abweichenden Gestalten vor, die 
jedesmal aufs Haar je einer anderen Schmetterlingsart aus völlig anderen 
Familien gleichen, welche wegen ihres üblen Geschmackes von Vögeln 
nicht gefressen wird. Die abweichenden Formen leben hier wie fast 
immer nur da, wo auch die „immune“‘ Art fliegt, und pflegen sich direkt 
unter diesen Vorbildern aufzuhalten, so daß Bates, der derartige Fälle 
zuerst in Südamerika feststellte, nur durch reinen Zufall darauf auf- 
merksam wurde. — Diese Erscheinungen sind von den Anhängern der 
Selektionstheorie als ganz 
besonders beweiskräftig 
für die Wirkung der na- 
türlichen Zuchtwahl in 
Anspruch genommen wor- 
elyti den. In neuerer Zeit hat 
den), sich auch gegen sie eine 
Ü): heftige kritische Opposi- 
tion erhoben, auf die wir 
sogleich zurückkommen. 
Wir kommen nunmehr 
zur Kritik der Selek- Abb. 77. Hypolimnas misippus L. g. 
tionstheorie3®), Was 
kann sie leisten und was nicht? Als ausgemacht kann heute zu- 
nächst gelten, daß die „fluktuierende Variation“ durch Selektion nicht in 
einer bestimmten Richtung gesteigert werden kann (vgl. S. 436). Die 
von Darwin als Hauptstütze seiner Theorie herangezogenen Erfahrungen 
der Züchter erklären sich so, daß die Zuchtwahl hier nicht auf die fluk- 
tuierenden Varianten, sondern auf das Gemisch der in der fraglichen 
„Population“ vorhandenen „reinen. Linien“ oder „elementaren Arten‘‘ 
wirkt, aus denen die Linn6sche „Art“ sich in Wahrheit zusammensetzt. 
Auch wenn die fluktuierende Variationsbreite der einen Linie über die 
der anderen hinübergreift (s.. S. 437), so muß doch eine Selektion (etwa 
immer der größten Bohnen) in den folgenden. Generationen die relative 
Anzahl der Vertreter der „größten‘‘ Linie immer weiter vermehren, so 
daß man in bestimmten Fällen schließlich diese Linie rein übrigbehält. 
Damit hat man dann zwar eine konstante neue Art „gezüchtet“, d. h. in 
Wahrheit aber: man hat sie nur aus dem Gemisch, der Population, iso- 
liert, in dem sie schon vorher war. Daß der alte Darwinismus nach dieser 
in Richtung hin einer Korrektur bedarf, ist zweifellos. Es ist indes ein gro- 
er). ßer Irrtum, wenn manche Gegner der Selektionslehre schon damit glau-
	        
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