Full text: Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften

IV. Natur und Mensch 
Die besondere Stellung des Menschen innerhalb der lebenden Natur 
ist in allen Kulturvölkern den führenden Geistern zum deutlichen Be- 
wußtsein gekommen. Wir brauchen nur an die bekannten Verse des 
Sophokles und des Pindar*, oder an den 8. Psalm zu erinnern. Im 
Gegensatz hierzu findet sich bei Primitiven häufig noch eine ziemlich 
enge Verbundenheit des Lebensgefühls mit der Tierwelt. Der Abstand 
kommt hier, obwohl vorhanden, nicht so klar zum Bewußtsein, weil 
man kritiklos das Tier selber vermenschlicht, wie das unsere Kinder 
ebenfalls ganz instinktiv tun. Im Totemismus haben wir die religiöse 
Gestaltung dieser Auffassung vom Tier vor uns. Er scheint auch in den 
höheren Religionen sehr lange nachgewirkt zu haben, seine Spuren lassen 
sich in diesen fast überall nachweisen. — Unsere christlich abend- 
ländische Kulturwelt hingegen hat von vornherein unter dem Einfluß 
einer scharfen Absage an jede engere Verknüpfung des Menschen mit 
der unter ihm stehenden Natur, insonderheit also dem Tiere, gestanden. 
Diese Absage hat ihre Grundlagen im Judentum, dessen strenger, in der 
Religionsgeschichte einzigartiger, ethischer Monotheismus sich in aus- 
gesprochenem Gegensatze zu den immer wieder hervorbrechenden 
Neigungen des Volkes zu naturkultischen Handlungen (Baals-, Astarte- 
dienst usw.) entwickelt hat. Da die Grundlehren des Christentums selbst 
eine noch höhere Bewertung des Menschen als in der prophetischen 
Religion zur Voraussetzung haben, so ist es kein Wunder, wenn in der 
christlichen Kirchengeschichte sehr bald das Band zwischen Mensch 
und Natur ganz abreißt, zumal die Entwicklung des Spätgriechentums 
im Neuplatonismus in dieselbe Richtung wies: die Aufgabe des Men- 
schen wurde es nach ihm geradezu, jede Verbindung zwischen dem 
‚,Leibe‘“, d. h. der ganzen natürlichen Grundlage seines Wesens, und der 
aus der „oberen Welt“ stammenden Seele nach Möglichkeit zu zerschnei- 
den, um die letztere dadurch zu befreien und ihrer wahren Aufgabe 
PVUOLS XEQATA TAVODOLS, 
TOOAS Ö’EÖWXEV LNNOLS, 
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