3. Bedeutung und Wert physikalischer Hypothesen 353
n Gewichtsverhält- geführten Theorien zweiter Art ein wirkliches Bürgerrecht
für jedes Element, in der Wissenschaft. Sie behauptet, daß das, was an ihnen brauch-
bleibt aber ein un- bar und haltbar ist, zuletzt doch auf dasselbe wie die Theorien erster
ır hinnehmen soll, Art hinauskomme, daß aber das, wodurch sie sich wirklich von jenen
e denn das einzelne unterscheiden, nämlich das spekulativ gefundene, hypothetische Ele-
/erhältniszahl (dem ment, in Wahrheit in der Wissenschaft nichts zu suchen habe. Brauch-
350, um noch eines bar seien diese Theorien also insofern, als es mit ihrer Hilfe möglich
fest, daß unter ge- wird, „die in der Natur vor sich gehenden Erscheinungen möglichst
cht, an bestimmten vollständig und auf die einfachste Weise zu beschreiben‘‘, irreführend
keit erzeugt. Diese sei es, wenn durch sie der Glaube entstehe, daß man mittels ihrer dem
ırten Jesuitenpater „Wesen der Dinge“ nähergekommen sei, welch letzterer Begriff über-
m ein solcher Ver- haupt ein gänzlich inhaltsleerer, spekulativer Begriff sei, bei dem sich
: Ja, wie geht denn ein exakter Forscher gar nichts denken könne. Erfahrungstatsachen
ıtwortet dann eben und ihre logische Verbindung, das ist alles, womit er sich abzugeben
daß das Licht in hat. Was darüber ist, das ist vom Übel.
ie Hypothese) und Es ist lehrreich, die Durchführung dieser kritischen Kinstellung noch
zuweisen ist, immer an dem besonderen Beispiel der Planetenbewe gung und der Gra-
müssen. Auch hier vitation zu verfolgen. An diesem Punkte hat der Physiker Drude
ıypothese‘“, und auf in einer bekanntgewordenen Leipziger Antrittsrede das Programm des
; Gebäude (im vor- physikalischen Positivismus durchzuführen unternommen. Drude sagt
el) errichtet, in dem etwa folgendes: Man hat früher von einer „Erklärung“ der Keplerschen
rt. finden. Gesetze durch die Newtonsche Annahme einer Gravitationskraft
etzteren. Fällen die zwischen den Himmelskörpern geredet. Was hat Newton aber in
e ein (oder mehrere) Wirklichkeit getan? Er hat die Bahngleichungen der Planetenbewegun-
seits der bis dahin gen zweimal nach der Zeit differenziert. Dabei ergab sich ein System
ltons Zeiten Atome von Gleichungen, welches nun ausspricht, daß die Beschleunigung,
3 existierend nach- welche ein Planet in einem bestimmten Augenblick erfährt, in der
Lichtstrahl jemals Richtung nach der Sonne hin liegt und mit dem Quadrat des augen-
1, als Newton die blicklichen Abstandes umgekehrt proportional ist. Multipliziert man
‚meinen Gravitation diese Beschleunigung noch mit der Masse des Planeten und nennt das
‚acht, aus dem eine Produkt, wie überall in der Mechanik, „Kraft‘“, so hat man einen ein-
sch. wäre. In allen fachen und wegen des mit dem Worte „Kraft“ instinktiv verbundenen
4 h. auf deutsch: Anthropomorphismus noch dazu höchst anschaulichen Ausdruck für
h. auf spekulativem den Tatbestand, der jedoch in Wirklichkeit kein anderer als der der
ch. die wissenschaft: Keplerschen Gesetze ist. Er ist nur in eine andere mehr „denk-
nste Weise angeregt ökonomische‘ und auch heuristisch brauchbare Form gebracht worden.
Leistung vollbringen Denn diese neue Formulierung leitet uns nun zur Auffindung weiterer
‚tung eines Künstlers hierhin gehöriger Tatsachen hin (Störungen, Gezeiten usw.)2%4).
‚ben, dann sind wir „Wenn man’s so hört, möcht’s leidlich scheinen.“ In der Tat haben
sn Erörterung fort- derartige Kritiken — ich könnte leichtlich noch ein halbes Dutzend
ach-Ostwaldeschen weiterer Beispiele anführen®) — zu ihrer Zeit beinahe die gesamte
akt so formulieren: Forscherwelt in das Lager des Positivismus herübergezogen. Wenn
t) den hier an- man vor 20—30 Jahren innerhalb eines Kreises von Physikern oder Che-
Bavink, Ergebnisse. 5. Aufl.
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