BO IV. Natur und Mensch
teller Methoden bedienen kann. Sie ist auf sorgfältige Statistiken aller
Arten und auf zufällige günstige Beobachtungsgelegenheiten angewiesen,
Trotz dieses Mangels ist es aber schon heute gelungen, eine große Reihe
sehr wichtiger Ergebnisse ganz einwandfrei sicherzustellen, während
freilich andere nur mehr oder weniger wahrscheinlich gemacht werden
können und wieder andere einstweilen ziemlich hypothetisch bleiben
müssen. Es gibt eine ganze Reihe eigens für diesen Zweck ausgearbeiteter
neuer mathematischer Kalküle4%) (Korrelationsrechnung, Probanden-
methode usw.) mittels deren, wenn nur die Zahl der vorliegenden Kinzel-
fälle genügend groß ist, fast immer ziemlich sichere Ergebnisse erzielt
werden können.
Auf diese Weise sind nun zunächst für zahlreiche körperliche wie
seelische Eigenschaften, insbesondere auch für abnormale (krankhafte)
Eigenschaften die Regeln ihrer Vererbung erforscht worden. Bei den
letzteren, besonders bei den für die eugenische Frage hervorragend
wichtigen geistigen Erkrankungen, führten ausgedehnte Familien-
statistiken ‚oftmals zu sehr wichtigen Ergebnissen. So wissen wir z. B.
heute Sicheres über den Vererbungsmodus der beiden wichtigsten
Hauptgattungen geistiger Erkrankungen, der sog. Schiz ophrenie
und des manisch-depressiven Irreseins*5), Wir können mit Sicher-
heit sagen, daß aus Ehen zweier schizophrener Geisteskranker durch-
schnittlich 53% wiederum kranker Kinder, aus solchen eines Schizo-
phrenen mit einem Gesunden durchschnittlich 9—10% Kranker hervor-
gehen und daß dazu im ersten Falle noch ca. 29% „schizoide‘‘ (d. h. zwar
nicht direkt Kranke, aber doch auch in vielen Hinsichten abnormale)
Personen im zweiten Falle 30—40% solcher zu erwarten sind, so daß
demnach solche Ehen eine offensichtliche furchtbare Gefahr für den
ganzen Volkskörper darstellen, der ganz besonders durch die als „gesund“
geltenden und deshalb zumeist zu Amt und Beruf und auch zur Heirat
kommenden „Schizoiden‘“ immer weiter mit ungünstiger Erbmasse
durchseucht wird. Ähnlich steht es mit der anderen Gruppe, bei der —
leider — die weitere Komplikation hinzutritt, daß gerade in Familien
mit dieser erblichen Belastung auf der anderen Seite äußerst hoch-
wertige kulturelle Anlagen, vor allem solche ethischer Art, sich häufen,
die man nur zum größten Schaden des Volkskörpers mit den schlimmen
Anlagen zusammen aussterben lassen würde.
Es sei bei dieser Gelegenheit deshalb auch ausdrücklich darauf auf-
merksam gemacht, daß kein Eugeniker daran denkt, ohne näheres Be-
sinnen die Ausmerzung eines jeden irgendwie belasteten Krbstammes zu
fordern, da das nichts anderes heißen würde, als den Weizen mit dem
Unkraut zusammen auszuraufen. Es bedarf vielmehr jeder Einzelfall
sorgfältiger besonderer Prüfung. Aus diesem Grunde ist es auch ein
unsinniges Argument, wenn immer wieder seitens gewisser der Eugenik
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