156 Photographische Aufnahme farbiger Körper.
wenn der Farbstoff auf den Sensibilisator zersetzend wirkt. Diese
Umstände lassen das Factum erklärlich erscheinen, dass manche Farb-
stoffe wie Anilinblau bis jetzt die gewünschte Wirkung als optische
Sensibilisatoren versagt haben.
Es muss aber ausdrücklich bemerkt werden, dass auch die
farblosen Sensibilisatoren eine sehr merkliche Wirkung auf die
Farbenempfindlichkeit ausüben. So erhöht die Gegenwart von sal-
petersaurer Silberlösung hauptsächlich die Empfindlichkeit für die
stark brechbaren Strahlen (Blau, Indigo, Violett etc.), Salicin steigert
aber in merklicher Weise die Empfindlichkeit für Roth (Lea), Abney
beobachtete gleiches bei gewissen Harzen, Verfasser bei Morphin.
Letzterer erhielt auf einer Morphinbromsilberplatte das ganze sicht-
bare Spectrum, H. C. Vogel und Abney mit Harzen sogar einen
Theil des Ultraroth. Die Behauptung Abney’s, dass Harze bei der
photographischen Aufnahme der schwach brechbaren Strahlen des
Sonnenspectrums günstiger wirken als Zusatz absorbirender Farb-
stoffe, ist jedoch ein starker Irrthum. Abney sagt, dass er zur Auf-
nahme von Gelb und Roth des Spectrums einer zehnmal so langen
Expositionszeit bedurfte, als zur Aufnahme des Spectrumblau (photogr.
News 1876, March 21). Des Verfassers Naphtalinrothplatten erweisen
sich dagegen für Gelb ebenso empfindlich als für Blau, und Platten
mit Cyanin- gefärbt (s. o.) zeigen sogar für Orange eine höhere
Empfindlichkeit als für Blau. Diese Angabe dürfte hinreichen zum
Beweise, dass man bei Anwendung vom gedachten Farbstoffe min-
destens zehnmal empfindlichere Platten erhält, als durch die von
Abney empfohlene Anwendung von Harz.
Die photographische Aufnahme farbiger Körper und die Photographie in
natürlichen Farben.
Die photographische Thatsache, dass gewisse Stoffe, wie Anilin-
farben, zu weissem Bromsilber gefügt, die Empfindlichkeit desselben
für die gelben, rothen und grünen Farben des Sonnenspectrums zu
erhöhen im Stande sind, hat vielfach zu der Annahme veranlasst,
dass damit auch die Aufnahme von Oelgemälden und anderen far-
bigen Körpern in ihrem natürlichen Helligkeitsverhältniss möglich
sein müsse. Dieses geht nun so ohne Weiteres nicht. Die Wir-
kung der Pigmentfarben ist der Wirkung der Spectrumfarben keines-
wegs analog. Unsere Farbentafel: nebst Photographie zeigt, dass
gewisse gelbe und rothe Pigmente, z. B. Neapelgelb, Lichtocker und
Krapp ziemlich stark, gewisse blaue, z. B. Berliner Blau, Indigo,
dagegen nur schwach auf photographische Platten wirken, also gerade
umgekehrt wie die entsprechenden Spectralfarben. Diese Erscheinung
ist aus der optischen Zusammensetzung der betreffenden Farbstoffe
leicht zu erklären.
In noch grellerem Grade treten aber die Unterschiede zwischen
Spectrum- und Pigmentfarben hervor, wenn man die für Spectrum-
gelb und Spectrumroth empfindlichen Bromsilber oder Chlorsilber-
platten zur Aufnahme einer Farbentafel verwendet. Wenn man die