Full text: Lehrbuch der Photographie

Negativretouche. 329 
auf horizontaler Platte einen Spiegel m, ein an der Platte mittelst 
Charnieren sitzendes drehbares Pult p, das sich durch Stützen h 
schief stellen lässt. Das Negativ n setzt man in die gefalzte Unter- 
lage x und stützt dessen Oberseite gegen das verschiebbare Brett a. 
Eine Pappe R dient zum Abhalten des blendenden Lichts von den 
Augen. Zu gleichem Zwecke pflegt man auch noch die leeren Theile 
des Rahmens und des Negativs. %» mit einer Pappe zu decken, in 
welcher nur eine Oeffnung, so gross als der zu retouchirende Theil 
ausgeschnitten ist. 
Man stellt den Rahmen so, dass das Himmelslicht vom Spiegel 
auf das Negativ geworfen wird. Abends stellt man den Rahmen p 
senkrechter und setzt eine Lampe 
mit matter Glocke dahinter. Fig. 121. 
Manche concentriren das Licht 
auf die zu retouchirende Stelle 
mittelst einer Schusterkugel. 
Zum Schutz der Retouche 
auf dem Lack empfiehlt es sich, 
denselben nachträglich mit Bern- 
steinlack (s. p. 289) zu über- 
ziehen. Auch die Retouche auf 
der Glasseite kann in dieser 
Weise durch Ueberstreichen mit 
Bernsteinlack geschützt werden. 
Aufgegossene Mattlacke oder 
aufgeklebte Papiere werden aber 
durch Bernsteinlsck durchsichtig, 
wonach zu achten. Belitzki in 
Nordhausen empfiehlt das Be- 
festigen der Retouche mittelst Alkoholdampf (s. photogr. Mittheil. 
December 1877). / } 
Zur gründlichen Anweisung über das, was in der Portrait- 
photographie retouchirt werden darf und was nicht, veröffentlichen 
wir nachfolgenden klassischen Artikel von Hanns Hartmann. 
Die Prinecipien der Negativretouche von Portraits. Bei der 
Betrachtung der menschlichen Kopf- und Gesichtsbildung springt in 
die Augen, dass disjenigen Theile, bei welchen das unterliegende 
Knochengerüst, als das feste und solide Bildungselement am meisten 
zu Tage tritt, die ım wenigsten veränderlichen sind. Die Stirn- 
flächen, Nasenansatz, Kiefern, Jochbeine, Augenhöhlenränder bewahren 
ihre Verhältnisse zu einander stets. Sie bestimmen ım Verein mit 
der Stellung der Augenschlitze, des Mundes, mit Form und Rich- 
tung der Nase, mit den hervorragendsten Kinnpartieen, die Aehn- 
lichkeit. Grössere oder geringere Anspannung der Muskeln, beson- 
ders der Schliessmuskeln an den Augen- und Mundwinkeln, der 
zwischen Thränenrinren und Unterkiefern sich lang hinziehenden 
Backen- und Jochbeirbekleidungen bestimmen den Ausdruck. Bei- 
den gegenüber, als den entscheidenden Elementen in der Formen- 
bildung, muss die nichhelfende Hand des Retoucheurs mit der
	        
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