Full text: Lehrbuch der Photographie

35. Tonen. 
netzt wird; gewöhnlich wird das Wasser dabei milchig, in Folge 
der Ausscheidung von Chlorsilber. Nach circa 10 Minuten lege man 
in derselben Weise die Bilder aus der ersten Schale in die zweite 
und giesse die milchig erscheinende Flüssigkeit der ersten in die 
Vorrathstonne für die Silberrückstände; Gleiches geschieht mit der 
Flüssigkeit der zweiten Schale. Man lege die Bilder in dieser Weise 
vier- oder fünfmal hintereinander in frisches Wasser. Die beiden 
letzten Waschwässer giesse man weg, da ihr Silbergehalt zu gering 
ist. Das letzte Waschwasser darf nicht mehr milchig erscheinen, 
andernfalls muss das Waschen noch fortgesetzt werden. Die Arbeit 
verrichte man in einem halbdunklen Zimmer, sonst leiden die Weissen 
der Bilder. 
Das Wässern vor dem Tonen wird häufig Chloren genannt, 
ein thörichter und sinnloser Name, der bei zahlreichen chemisch un- 
wissenden Operateuren die Meinung erweckt hat, als handle es sich 
hierbei darum, den Bildern Chlor zuzuführen. Das ist aber gar 
nicht der Zweck. Wenn bei den Wässern Chlorsilber entsteht, so 
liegt das an der zufälligen Verunreinigung des gewöhnlichen Wassers 
mit Chlormetallen (Chlorcaleium, Chlornatrium). Diese Chlorsilber- 
bildung, welche sich durch Milchigwerden verräth, schadet nicht, aber 
sie nützt auch nichts. Viele Operateure, die nichts von Chemie ver- 
stehen, bilden sich ein, auf die falsche Benennung Chloren fussend, 
dieses Milchigwerden sei wesentlich, verwerfen deshalb ein reines 
Wasser, in welchem sich ne Milch nicht bildet und suchen oft 
mit Mühe und Kosten ein unreineres Wasser zu erhalten, um den 
unnützen Effect zu erzeugen. 
4. Das Tonen,. 
Das Tonen nehme man sofort nach beendigtem Waschen vor. 
Bilder, die sehr lange (circa 12 Stunden) im Wasser liegen, erleiden 
oft Zersetzungen und tonen dann ungleich, ähnlich wirkt langes 
Liegenlassen der trocknen copirten Bilder. Man schütte das Ton- 
bad in eine Schale, die einzig und allein diesem Zwecke 
dient, wärme diese im Winter etwas an und tauche die Bilder eines 
nach dem andern mit reinlichen Fingern unter fortwährendem 
Schwenken ein. Nothwendig ist, dass die Goldlösung die Bilder 
vollkommen gleichmässig benetzt, sonst tritt leicht ungleiches Tonen 
ein. Man beobachtet die Farbenveränderung der Bilder bald nach 
dem Eintauchen, sie werden erst braunviolett, violett, violettblau, 
endlich blau. Sobald der gewünschte Ton erreicht ist (der violette 
bis violettblaue dürfte sich des meisten Anklanges erfreuen), nehme 
man die Bilder sogleich heraus und werfe sie in eine bereitstehende 
Schale mit Wasser. Der Tonprocess ist ebenfalls im Halblicht vor- 
zunehmen, sonst leiden die Weissen. Es macht sich bei Tageslicht 
besser als bei Lampenlicht (ist man bei Lampenlicht zu arbeiten 
genöthigt, so stelle man das Licht möglichst nahe der Schale). Am 
praktischsten ist es, drei Schalen neben einander zu setzen. Links 
die Schale mit den Bildern im Wasser, in der Mitte die Goldschale, 
rechts eine Schale mit frischem Wasser. Man werfe nie mehr Bilder
	        
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