b Die Negativretouche.
gegenüber, als den entscheidenden Elementen in der Formenbildung,
muss die nachhelfende Hand des Retoucheurs mit der äussersten Vor-
sicht verfahren. Gegenüber dem dritten, die Formen theils ab-
rundenden, theils verwirrenden Bestandtheil des Körpers, gegenüber
der Haut, darf grössere Freiheit herrschen, die um so willkürlicher
verfahren darf, je mehr sich Haare, Fettpolster, erschlaffte und faltige
Partieen eindrängen. Hierbei ist nicht zu vergessen, dass die Haut,
die überall als Oberfläche auftretend, vermöge ihrer Farbenflecke
und Unreinigkeiten oft eine weit grössere chemische Wirkung
ansübt, als die unter ihr liegenden, sich nur durch feine Schatten-
nüancen kennzeichnenden Formen. Diese hervorzuheben und einzig
und allein die Modulation von Licht und Schatten, nicht
aber die verwirrten Effecte der Farben zur Geltung zu bringen, ist
Hauptzweck und Hauptschwierigkeit der Retouche. Versuchen wir
diesen Grundsätzen im einzelnen Beweis und Geltung zu verschaffen.
Verfolgen wir die Verhältnisse der Gesichtstheile, ihre Veränderung
im Alter, ihre Verschiedenheit bei den Geschlechtern, ihren Werth
für Ausdruck und Aehnlichkeit.
Die Stirn, beim Kinde sehr rund und weich, wird beim Manne
bestimmt und in deutlich erkennbare Flächen gesondert, ein Haupt-
ausdruck des Charakters. Der obere Theil der Stirn ist diejenige
Partie des menschlichen Kopfes, an welcher die Formen des Schädels
am ungestörtesten zur Erscheinung kommen, nur der untere Theil
derselben wird durch die über den Augen gelegenen sogenannten
Stirnrunzler mit einem sehr beweglichen Element bereichert. Bei
entsprechender Beleuchtung trennen sich die Flächen der Oberstirn
sehr deutlich von einander und hier muss das Bestreben des Re-
toucheurs darauf gerichtet sein, die Grenzen dieser Flächen zu
säubern und sie bestimmt in ihre Ganzheit erscheinen zu lassen.
Eine zu runde Stirn, bei Frauen erträglich, wird beim Manne zu
weichlich, unschön, man erstrebe also hier mehr als sonst eine flächige
Behandlung. Die Hautfalten der Stirn regeln sich nach der Be-
festigung der Haut an der unteren Stirn und bilden horizontale
Furchen, die mit den oberen Augenhöhlenrändern parallel seitlich
verlaufen. Da sie schon im mitterem Alter auftreten und die Formen
der Stirn ruhig verfolgen, so können sie oft in gemilderten Tönen
stehen bleiben. Die im höheren Alter auftretenden senkrechten Quer-
falten jedoch, die jene durchkreuzen und durch ihre unruhige Wirkung
einen sehr üblen Eindruck verursachen, können durchaus entfernt
werden. Höchstens können die beiden von der Nasenwurzel nach
oben verlaufenden Hautfalten, die die Richtung der Horizontalfurchen
wesentlich ablenken, erhalten bleiben.
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