Sphärische Aberration und Anomalien schiefer Kegel. 89
besserung der Qualität des Bildes, aber immerhin bleibt ein Restein-
fluss der abgeblendeten Strahlen in den benutzten Strahlenkegel,
und daher rührt auch der Fehler der Verzeichnung bei den meisten,
ja fast allen einfachen Linsen! Durch Aplanatisirung der Cardinal-
kegel lässt er sich, wenn auch auf Kosten anderer Eigenschaften,
heben. Im Allgemeinen wächst dieser Fehler mit der Dicke der
Linsen bis zu einem Maximalpunkte und mit der Linsendistance bei
diesen Systemen (falls dieselben nicht symmetrisch sind). Der Fehler
nimmt, andere Bedingungen gleich, um so mehr zu, je weiter die
beiden Cardinalpunkte in einem System getrennt liegen, also je grösser
J ist. In symmetrischen Combinationen fällt er allein deshalb schon
heraus, weil die Distance der Cardinalpunkte sehr klein, unter Um-
ständen = 0 oder gar negativ ist. Dieser Umstand (dass es in solchen
Fällen fast gar nicht auf die sphärische Aberration der Cardinalpunkte
ankommt) wird es gewesen sein, welcher Steinheil sen. zu dem Fehl-
schluss verleitet hatte, dass, um Winkelrichtige Bilder zu erzeugen,
die Distance der Cardinalpunkte = 0 sein müsste!
Siehe Sitzung der mathematisch-physikalischen Classe der bayrischen
Akademie der Wissenschaft vom 8. Juli 1865. „Ueber die Bedingungen
der Erzeugung richtiger dioptrischer Bilder.“ Uebrigens hat Dr. Sommer
bereits 1870 in seiner Dioptrik pag. 69 auf diesen Fehler Steinheils
aufmerksam gemacht! In dem Petzval’schen Portraitobjectiv liegen die
Cardinalpunkte beträchtlich auseinander und muss daher für gute
Aplanatisirung derselben Sorge getragen werden, wenn das Bild ganz
frei von Distortion sein soll; wenn dies geschieht, ist aber auch keine
Distortion bei dieser schönen Linsenverbindung vorhanden! Es braucht
wohl kaum bemerkt zu werden, dass sich bei Umwenden der einfachen
Linsen der Charakter der Distortion umgekehrt, ihr absolutes Maass
sich ändert, aber meistens nicht viel. Der Grund ist einfach der,
dass beim Umwenden der Linse die (excentrisch liegenden) Cardinal-
punkte mit umgekehrt werden und nur die Bildörter (in Folge ver-
änderter sphärischen Längenaberration) ihr Distortionsquantum etwas
ändern. Wenn man die Distortion behandeln will und ‘bezieht die-
selben nicht auf die Cardinalpunkte und deren Aberration, wie es
z. B. die englischen Lehrbücher von Coddington, Potter etc. gethan
haben, so ist das Resultat meist so verwickelt und so wenig über-
sichtlich, dass diese Herren sich meist mit einer Linse, ja zuweilen
nur mit einer reflectirenden Fläche begnügt haben und von Weiterem
zurückgeschreckt, abstanden. In neuester Zeit hat Prof. Abbe dieser
Sache noch eine andere Seite abgenommen, von der ich hier nur kurz
Erwähnung thun will, in der Hoffnung, dass er selbst einmal KEr-
schöpfendes darüber mittheilen wird. Prof. Abbe stellt die sogenannte