124 IV. Kapitel.
ständig „hintenherumsieht“, d. h. dass der undurchsichtige
Gegenstand uns durchsichtig erscheint, wir haben daher den Eindruck
der Stereoskopie, weil wir unwillkührlich den richtigen Schluss ziehen,
„der durchsichtig erscheinende Gegenstand liegt vor dem undurch-
sichtig erscheinenden Gegenstand“, Dass wir diese Erscheinung mit
unsern Augen nicht so auffällig sehen, liegt nur an dem geringen
Durchmesser der Pupillen unserer Augen! Durch das Verhalten einer
feinen Nadel in passender Distance vor unser Auge können wir uns
allerdings hiervon überzeugen. Prof. Vogel führt diese Erscheinung
auf pag. 505 der dritten Auflage seines Buches an, indem er dies
durchsichtig erscheinende Bild eines verdeckenden Gegenstandes mit
einem Apparat (mit grosser Pupille, Vierzöller) aufnimmt. Es ver-
steht sich nun von selbst, dass sich alle diese vorher auf das Ange
bezogenen Verhältnisse (den Dimensionsverhältnissen der Apparate an-
gepasst) für photographische Apparate gleiche Gültigkeit haben.
Je grösser nun aber im Verhältniss die Eintrittspupille eines
Apparates zum Gegenstande ist und je näher die Gegenstände der
Linse liegen, je auffälliger tritt diese „monoculare Stereoskopie“ hervor,
also solche, bei welcher nur in Folge des „Hintenherumsehens“ dieser
Effect hervorgebracht wird und nicht die additionelle Function der
Vereinigung zweier perspectivisch verschiedener Bilder desselben
Gegenstandes in Wirkung tritt. Von allen optischen Apparaten ist
nun keiner mehr befähigt, diese Erscheinung auffällig zu zeigen, als
unsere Mikroskope. Im Verhältniss zu den Objecten sind unsere
Mikroskoplinsen wahre Giganten nnd ist es daher auch möglich,
mit einem binocularen Mikroskop (bei welchem ein und dasselbe Bild
in zwei identische Bilder zerlegt wird) aus diesem Grunde die Ob-
jecte vollständig stereoskopisch zu
ie, 49. - » sehen, wozu die Gewohnheitstäu-
schung (mit beiden Augen zugleich
stereoskopisch zu sehen), vieles bei-
trägt. Dass dies aber keineswegs
\ g% nothwendig ist, kann man leicht
sehen, wenn man mit einem Auge
5 m. Unter schwacher Vergrösserung
(z. B. unter der Beleuchtung des
Lieberkühn) opake Objecte be-
trachtet.. ‚Fig. 42a stellt diesen Vorgang der monocularen Stereo-
skopie mit Hülfe einer Linse dar. ‚Um beide Bilder recht scharf in
der Photographie zu. erhalten, thut man gut, ein Diaphragma (wie
Fig. 42b) anzuwenden, um die nöthige Focustiefe zu erhalten, ohne
den Effect der monocularen Stereoskopie zu verlieren.