Untersuchungsmethoden. 163
die lineare Grösse des Bildes des Objectes und dividirt alsdann diese
halbe lineare Bildgrösse durch die Tangente des halben Sehwinkels
des Objectes, so erhält man direct die Brennweite. 'Trägt man diese
Brennweite alsdann von der Bildebene nach der Linse zu ab, so er-
hält man die Lage des zweiten Cardinalpunktes; beim Umkehren der
Linse die Lage des ersten Cardinalpunktes. Nimmt man in diesem
Fall den Sehwinkel nicht zu gross, (dagegen das Mikrometer so viel
feiner), so wird der oben erwähnte Fehlereinfluss der Bildwölbung
gering, und ist daher diese Gaussische Methode eine der besten.
Dieselbe ist auch später von Grubb (in der von ihm gegebenen Form,
jedoch nur für genäherte Bestimmungen brauchbar), für die Messung
der Brennweiten photographischer Linsensysteme angegeben, und ausser-
dem, mit einer geringfügigen Abänderung, von Dallmeyer im Almanac
des British Journal of Photography (1890) pag. 388—390 beschrieben.
Abweichend dagegen ist die Methode, welche P. Mo&ssard (1889) in
den Etudes des Lentilles et Objectifs Photographiques giebt. Moössard
benutzt die Eigenschaft der Cardinalpunkte, dass ihre Lage (wenn
aplanatisirt) von der Richtung der einfallenden Cardinalstrahlen unab-
hängig ist. Es macht daher Moössard diese Cardinalpunkte auf seinem
Apparate zu einem Drehungscentrum und misst dann von diesem
Centrum bis an die, für die Bildweite eines unendlich entfernten Ob-
jectes, eingestellte Visirscheibe. Diese Methode setzt selbstredend
einen ziemlich kostspieligen und complicirten Apparat für einen Zweck
voraus, der mit viel einfachern Mitteln anderweitig in genügender
Genauigkeit erreichbar ist. Moössard nennt seinen Apparat „Tourni-
quet.“ An dem Schwanken des Randbildes (wenn die Cardinalpunkte
nicht aplanatisirt sind), erkennt Moössard die Distortion. Wenn
man einen solchen Aufwand von Mitteln nicht zu scheuen braucht,
(z. B. für ein öffentliches Institut für die Untersuchung vieler Apparate)
und der Apparat von Moössard sorgfältig ausgeführt wird, so ist es
sicher ein ganz brauchbarer Apparat für diesen Zweck.
Meine, in Vogels Journal mitgetheilte Methode ist eine Ver-
bindung der Methode von Gauss mit der Methode von Maskelyne.
Das Princip meiner Methode beruht darauf, dass man durch das Mini-
mum der Distance vom Object zum Bilde (welche Distance bekannt-
lich die vierfache Brennweite plus der Distance der beiden Cardinal-
punkte beträgt) von dieser Distance die doppelte Brennweite plus der
Distance der Cardinalpunkte abzieht und auf diese Weise zur genauen
Kenntniss der Doppelbrennweite der Linse gelangt. Trägt man als-
dann beiderseits die Brennweite von der Bildweite für unendlich ab,
so gelangt man zur Kenntniss der beiden Cardinalpunkte. Diese
Methode ist besonders, wenn sie mit Hülfe eines eigens dazu gebauten
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