Untersuchungsmethoden der Aberrationen. 167
Bei der Behandlung der chromatischen Aberration ist schon
darauf hingewiesen, wie nothwendig es ist, dass das Bild eines Gegen-
standes der optischen Strahlen mit dem Bilde des Gegenstandes der
actinischen Strahlen zusammenfällt. Wir haben dort auch die Be-
dingung kennen gelernt, von der es abhängt, dass diese Be-
dingung für jede Distance des Objectes erfüllt ist, nämlich die, dass
die Distance der zugeordneten Cardinalpunkte der Bestandlinsen der
Achromate entweder =0 oder doch sehr nahe gleich Null sind, und
dass die einzelnen Achromate, aus denen ein Linsensystem besteht, auch
einzeln so nahe wie möglich achromatisch sind. Alsdann ist das
ganze System stabil achromatisch. Diese Bedingung muss über-
haupt erfüllt sein, selbst für den Fall, dass es nur für Objecte in
einer ganz bestimmten Entfernung benutzt würde, indem sonst geneigt
zur Hauptaxe einfallende Strahlen ungenügend achromatisirt sein würden.
Man kann diesen Fehler am leichtesten dadurch controlliren, dass man
die einzelnen Bestandlinsen (Achromate) eines Systems untersucht, ob
dieselben für sich allein achromatisirt sind oder nicht. Kleine Differenzen
sind praktisch als unschädlich anzusehen, sobald sich dieselben nur in
der ganzen Combination compensiren!
Man könnte nun die Linsensysteme dadurch untersuchen, dass
man eine Photographie damit aufnähme und sehen, ob solche gut oder
schlecht ausfiele? aber schon Petzval hat dieses Verfahren condemnirt,
denn es hiesse Fehlerquellen mit in die Untersuchung ziehen, die nicht
dahin gehören und auch nicht davon zu trennen sind! Gesetzt, man
fände, die Photographie wäre nicht gut ausgefallen, so wüsste man
immer noch nicht, woran der Fehler läge. Das richtige ist, jeden
Fehler einzeln zu controlliren und zwar womöglich schärfer als es
durchaus nothwendig ist. In früherer Zeit hat man übrigens bei
Ross & Co. das erste Verfahren befolgt, indem mit jedem fertigen
System eine oder mehrere Probeaufnahmen gemacht sind, man ist in-
dessen schon längst davon zurückgekommen und hat statt dessen die
Untersuchung auf dem sog, „Horse“ eingeführt. Dieser Apparat be-
steht im Wesentlichen aus einem kräftigen Stativ, auf welchem eine
Universaleinrichtung befindlich ist, welche erlaubt, alle vorkommenden
Linsensysteme und Linsen leicht centrisch zu befestigen. In einiger
Distance (ungefähr der mittleren Länge des Ateliers entsprechend) be-
findet sich das Object in der verlängerten optischen Axe der Linsen.
Als Object dient eine kleine Oellampe, welche eine hochpolirte Stahl-
kugel‘' beleuchtet, sowie gleichfalls das emaillirte Zifferblatt einer
Taschenuhr. Als Object werden je nach Umständen alle 3 Theile
benutzt. Das Hauptobject bildet jedoch der Reflex der Lampenflamme
in der Stahlkugel. Der Beobachtungsraum dient gleichsam als Camera,