LLC VII. Kapitel.
dient hierzu ein Packet (dünner) Glasplatten (welche ja wohl allen
Photographen zur Disposition stehen) als Polariseur; doch würde ich
nicht rathen, auch den Analyseur (das Kalkspathprisma, Nicol) dadurch
ersetzen zu wollen; die Wirkung wird dann zu schlecht! Solche
kleine Kalkspathprismen kann man in sehr guter Qualität um ein Ge-
ringes von Herrn Bernhard Halle, Optiker in Steglitz bei Berlin beziehen,
der Spezialist darin ist. Frägt man nun, was ist aber der Erfolg auf
dem Bild, wenn die Linsen doppeltbrechend sind, zumal wenn un-
regelmässig doppelbrechend? Für die Deutlichkeit des Bildes
meist ein sehr übler, unter Umständen schlimmer, wie ziemlich er-
hebliche Schlieren! Die Lichtkegel verlieren ihre Spitze dadurch,
d. h. ein Punkt des Objectes wird nicht als Punkt abgebildet, sondern
ist in einer unregelmässigen Form das Abbild der Spannung des
Glases! Betrachtet man den Reflex der Sonne von irgend einer
Thermocmeterkugel oder auch nur einer Glasflasche, so erscheint er
nicht rund (als Bild der Sonne), sondern ganz unregelmässig, mit
allerlei Aesten und Verzweigungen; gleicherweise wird feine Schrift
oder eine Liniirung ganz verwaschen dadurch! Die berühmten
Guinand’schen und Daguet’schen Gläser waren immer vortrefflich ge-
kühlt, was man leider nicht von den meisten andern sagen konnte,
so dass ich nicht selten genöthigt war, die Gläser nachzukühlen! Vor
vielen Jahren richtete ich Prof. Abbe’s Aufmerksamkeit auf diesen
Punkt und haben die Herrn Schott und Genossen ein besonderes Ver-
fahren, das sie „Feinkühlung“ nennen, introducirt und sind deren
Gläser vortrefflich gekühlt. Wahrscheinlich in Folge dessen haben
die Pariser Fabrikanten, die Herrn Mantois & Co., auch ein vortreff-
liches Kühlverfahren eingeschlagen, so dass die Anzahl der schlecht
gekühlten Linsen jetzt wohl beträchtlich im Abnehmen begriffen sein
wird. Die Herren Voigtländer und Sohn hatten bereits seit Langem
einen vortrefflichen Muffelofen, in welchem die Gläser 8S—14 Tage
Kühlzeit unterlagen. Im Jahre 1855, als ich diesen Ofen sah, war
derselbe bereits lange im Betrieb. Es kommt nun noch ein anderer
Fehler des Glases in Betracht, die Grösse der Absorption actinischen
Lichtes. Je kleiner diese ist, je kleiner kann die Apertur genommen
werden und um so kleiner fallen die Aberrationsrester‘ aus! Kine
einfache Probe ist die, dass man die Linsen aus dem Apparat heraus-
schraubt und sie auf recht weissem Carton legt und das helle Tages-
licht darauf fallen lässt. Da das Licht in diesem Falle dieselbe Linse
zweimal durchläuft, so werden die Fehler der Absorption verdoppelt.
Erscheint der Carton, durch die Linse verglichen, mit dem direct ge-
sehenen nur grauer, dann werden alle Farben gleichförmig absorbirt,
und um so mehr, je dunkler der Carton durch die Linse erscheint.
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