Einleitung. 5
Theorie zu entwickeln und zum bequemen Gebrauch derselben Tabellen
zu berechnen, aus denen man nun mit aller Bequemlichkeit die ver-
langten Daten entnimmt! Und dies ist ein Ocular, das seit Campani’s
Zeit jährlich in unbekannt grosser Zahl gefertigt wird! Die tatonnirende
Optik fand (ohne den wirklichen Grund zu kennen), dass auch für
dieses Ocular planconvexe Ocularlinsen wie auch im Allgemeinen, die
Besten sind. Manche Gelehrte waren denn auch sofort mit einer Er-
klärung bei der Hand, dass nämlich die Planconvexlinse die geringste
sphärische Abweichung besässe, daher sich so vorzüglich für Oculare
eigne! Das Wahre an der Sache ist folgendes: eine Planconvexlinse,
mit der Convexseite gegen parallel einfallende Strahlen gekehrt, hat
die kleinste sphärische Aberration, wenn ihr Brechungsindex entweder
=— 1,686 oder = — 1,186 ist. Ein Fall, der für Oculare gar nicht
zutrifft. Man verwendet dazu meist Glas vom Index 1,592 ungefähr,
und liegt der Strahlengang im Ocular immer derart, dass der oben
erwähnte Fall gar nicht vorkommt, sondern häufig stehen, so-
gar die Planconvexlinsen in ihrer für die sphärische Aberration
möglichst ungünstigen Lage, wie z. B. die Augenlinse des obigen
Campani’schen Oculars!
Es sei hier noch gleich eines sehr allgemein verbreiteten Irrthums
erwähnt, auf den ich weiter unten ausführlicher zurückkommen werde.
Man findet in .vielen optischen Schriften und auch in Büchern über
Physik angegeben, dass der Grund, dass man mit sphärischer
Aberration zu kämpfen habe, in dem Unvermögen der Optiker liege,
andere Flächen als Kugelsegmente herzustellen! Dies ist einfach nicht
richtig, man kann und macht andere Flächen als Kugelsegmente,
vor allen Kegelschnittsformen, aber ist auch nicht auf diese beschränkt!
Ferner ist es nicht richtig, dass es die Natur der Kreislinie ist,.
welche die Schuld an Allem trägt, was zum Theil irriger Weise
sphärische Aberration benannt wird; dass die Kugel, wie wir
ebenfalls später sehen werden, eben so gut ihre aplanatischen Punkte
besitzt, wie manche andere Curven, und dass die Aberrationen ausser
der Axe, wie wir ebenfalls sehen werden, zum Theil andern Ursprungs
sind und event. jeder nur möglichen Curve anhaften und nur durch
rationelle Compensation zu entfernen sind. Ich meinestheils stehe
nicht an, die Kreislinie wegen ihrer Stetigkeit auch £heoretisch im
Allgemeinen als eine der brauchbarsten Curven zu erklären, die
überhaupt möglich sind!
Kehren wir also wieder zu unserem Gegenstande zurück, so haben
die Arbeiten über Oculartheorie den ersten Grund für die Theorie der
schiefen Strahlenbündel gelegt. Ein weiterer Anstoss, dies zu ver-
folgen, ist erst in neuerer Zeit durch die Anwendung der geometrischen