Chromatische, oder Farbenabweichung, 63
Dieses ist aber nach Prof. Abbe’s Bezeichnung nicht anders als
X = Ze das gewöhnlich mit w bezeichet wird, wenn Po = 1 ist; so
ist pr = w. Das bedeutet aber, dass die Brennweiten p, und p, im
Verhältniss von wv: 1 stehen müssen, und die Linse aus dem stärker
dispergirenden Material negativ sein muss, wenn das Aequivalent eines
solchen Achromaten positiv werden soll und umgekehrt. Da beide
Linsen eines solchen Achromaten sich berühren, so sind auch (bei
dickenlosen Linsen) die verschiedenfarbigen Bilder gleich gross, wenn
sie in derselben Ebene liegen, Gleicherweise ist ein solches System
stabil achromatisch, d. h. für alle möglichen Entfernungen des
Öbjectes und des Bildes. Addiren wir nämlich auf jede Seite der
Gleichung No. 23 die reciproke Distance des Objectes == d, so ändert
dieses die Werthe, von denen die Ausgleichung der Farbenabweichung
abhängt, nicht; es ändert nur die Bildweite um den Betrag dieser
Grösse. Die weitere Frage ist nun: wie verhalten sich einfache Linsen,
welche achromatisirt sind, wenn dieselben einander nicht berühren,
sondern durch die Distance = /\ von einander getrennt sind? Die
Aufstellung der hierzu nöthigen Formeln zeigt, wie bekannt, dass es
nicht möglich ist, beide Bedingungen des Achromatismus (d. h.
die farbigen Bilder in eine Ebene zu bringen und gleich gross zu
machen) gleichzeitig zu crfüllen! Sind die Linsen nur durch einen
geringen Zwischenraum getrennt und werden nur kleine Felder benutzt
(d, h. nur wenig zur Axe geneigte Cardinalstrahlen), so ist der Fehler
in der Praxis wenig merklich. Für die Photographie hingegen, wo
fast immer grosse Felder erforderlich sind, liegt die Sache anders.
Es sind für die Photographie alle sogenannte dialytische Constructionen,
bei denen die KEinzellinsen der Achromate getrennt sind, ausge-
schlossen! Als Ausnahmsfall kann man nur den Fall betrachten,
bei welchen solche Combinationen wieder zu symmetrischen Combi-
nationen zusammengestellt sind. In diesem einzigen Ausnahmsfall
lassen sich beide Bedingungen zugleich erfüllen! Wir müssen jedoch
auf alle Fälle den Fall wenig getrennter Linsen zum Verständniss
der Achromate betrachten, da selbst zwei zusammengekittete Linsen
in Bezug auf ihre zugeordneten Cardinalpunkte immerhin noch als
getrennte Linsen gelten müssen, wenn diese Distance /\ (die Ent-
fernung vom 2. Cardinalpunkt der 1. Linse zum 1. Cardinalpunkt der
2. Linse) nicht zufällig oder absichtlich -= 0 ist. Diese Ent-
fernung kann nicht allein positiv, sondern auch (und zwar bei
Meniscen) negativ sein! Der Effect der Distance /\ ist natürlich
im zweiten Fall dem Effect des ersten Falles entgegengesetzt. Ver-
nachlässigen wir bei der Entwickelung der hierzu nöthigen Formel