Full text: Die Elemente der Photographischen Optik (Ergänzungsband)

{8 III, Kapitel; 
im günstigsten Fall nur auf dem Papiere erfüllt sind! Also etwa 
durch Resultate der Rechnung, welche sich in der Praxis gar nicht 
verwerthen lassen, wie z. B. negative Glasdicken, imaginäre Radien 
und was dergleichen Zeug mehr ist, ja man könnte vielleicht durch 
Beziehung der vierten Dimension und eines Brechungsgesetzes, das in 
der Natur gar nicht vorhanden ist, mathematisch sehr elegante Re- 
sultate erhalten. Das liefe aber auf einen Missbrauch der Mathe- 
matik hinaus! Die Mathematik soll dem praktisch erfahrenen Optiker 
zum Piloten dienen, um ihn den kürzesten Weg zur Erreichung seines 
Zieles anzugeben oder, wenn es unerreichbar ist, ihm dieses sogleich 
anzeigen und von unnützem Experimentiren abhalten! Auch als Hülfs- 
mittel zur Erfindung neuer werthvoller Linsencombinationen übertrifft 
die richtige Anwendung der Mathematik selbst die allergenialsten 
Köpfe weit, die es versuchen, durch blosses Herumtappen, geleitet 
durch eine Art optischen Instinets und ihre Erfahrung, der Mathematik 
Concurrenz zu machen! Doch genug hiervon; wir gehen jetzt, indem 
wir die sphärische Abweichung kennen lernen und die Anomalien der 
schiefen Strahlenkegel in ein ebenso schwieriges, als auch höchst 
interessantes Feld über. 
Betrachten wir also zuerst (wie die grösste Anzahl der Mathe- 
matiker es bisher gethan) im Hauptschnitt einen Strahl, welcher auf 
eine einzige brechende sphärische Fläche fällt, aber lassen die Ver- 
einfachung fallen, dass die Oeffnung unendlich klein sein soll. Wir 
bezeichnen nun wieder die halbe Oeffnung der Fläche, resp. Linse mit 
der Sehne s des Kreises, von dem die Linsenfläche ein Abschnitt ist. 
Den leuchtenden Punkt, der als Object dient, denken wir uns zuerst 
(links) in unendlicher Ferne auf der Axe und lassen ihn dann sich 
durch Bewegen der Linsenfläche nähern bis zur Berührung in deren 
Scheitel, dann diesen Scheitel durchstossen und in derselben Richtung 
fortgehend bis minus Unendlich und untersuchen fortwährend die bei 
all diesen Veränderungen in der Lage des leuchtenden Punktes statt- 
findende sphärische Aberration, um uns ein deutliches Bild (welches 
die Grundlage zu allen weiteren Untersuchungen bilden wird) von der 
Einwirkung der sphärischen Aberration zu machen. Vor allen Dingen 
muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Brechungsgesetz 
selbst, nach welchem die Ablenkung eines Lichtstrahls nicht pro- 
portional zu dessen Einfalls winkel, sondern zu dessen Sinus ist, 
schon eine grosse Fehlerquelle bildet. Den Formeln für die sphärische 
Aberration ist von Seiten der Mathematiker mit Recht viel Aufmerk- 
samkeit geschenkt worden, doch sind die meisten Formeln dieser Art, 
weil voluminös, für unsere Zwecke zu wenig übersichtlich; ausserdem 
sind alle derartigen ohnehin nicht genau, es sind nur Näherungformeln,
	        
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