Sphärische Aberration und Anomalien schiefer Kegel. 79
deren Ungenauigkeit mit dem Quantum der sphärischen Aberration
wächst. Formeln, bei denen nichts vernachlässigt ist, sind nur die
trigonometrischen Formeln, mit Hülfe welcher man den Weg eines
Strahls von Fläche zu Fläche durch eine förmliche Triangulirung
(ähnlich wie in der Geodäsie) verfolgt. Solche Formeln können wohl
zur Controle und Correction der Rester dienen, aber nicht, um Ueber-
sicht über die hier vorliegenden Probleme zu erlangen oder Linsen-
systeme zu construiren. Man kann die sphärische Aberration ähnlich
der chromatischen auf verschiedene Weise ausdrücken, z. B. kann man
als solche die Länge auf der Axe gelten lassen, welche durch die
Differenz des Schnittpunktes der Rand- und Centralstrahlen gegeben
ist, und welche man die sphärische Längenabweichung nennt. Oder
man kann (analog der chromatischen) den Radius des kleinsten Kreises
der sphärischen Aberration einführen, Alle diese Bezeichnungen geben
aber nur ein unvollkommenes Bild des wirklichen Quantums der
Aberration, auf welches es doch hier vor Allem ankommt. Wir
fingiren daher eine Linse mit langer Brennweite, welche auf den Rand
der betreffenden Fläche (welche fehlerfrei gedacht wird) die Rand-
strahlen ebenso verändert, wie es die Aberration bewirken würde, und
rechnen nun mit der Kraft dieser fingirten Linse, deren Kraft also
um so grösser wird, je näher dieselbe dem Rande der Fläche liegt.
Man muss sich diese fingirte Linse als unendlich dünn vorstellen und
als sehr schmalen Ring (ähnlich den Fresnel’schen Linsen für Leucht-
thürme), so dass dieselbe nur auf die in Rechnung gebrachte Zone
wirkt. Die Brennweite der Linse verändert sich daher, resp. verkürzt
sich der wirklichen Aberration entsprechend, je weiter dieselbe nach
dem Rande der sphärischen Fläche liegt; je näher der Axe, je länger
wird die Brennweite derselben, in der Axe selbst wird diese fingirte
Brennweite unendlich (also die fingirte Linse wirkungslos). Gleich-
falls wird dieselbe selbst gegen den Rand der Fläche wirkungslos,
wenn der leuchtende Objectpunct in einen der aplanatischen Punkte
der sphärischen Fläche fällt und wird die Brennweite der fingirten
Linse negativ, wenn der Charakter der Aberration sich umkehrt!
Praktische Optiker nennen den Fall der positiven Brennweite der
fingirten Linse „Untercorrection“, wenn die Brennweite unendlich wird
„richtig corrigirt“, und wenn dieselbe ein negatives Vorzeichen er-
hält „übercorrigirt“.
Wäre z. B. die Brennweite einer Fläche oder Linse für Central-
Strahlen == p, == —- und die des Randes pr = Rn so wäre die sphä-
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rische Aberration in Linsenkraft ausgedrückt =o0=p*—p,. Es
ist klar, dass die halbe Oeffnung solcher Linse ebenfalls gegeben sein