Full text: Die Geschichte der Römischen und Florentinischen Schule enthaltend (2. Abtheilung, I, 1. Band)

326 Geschichte 
Der zweyte Grad der Kennerschaft, nämlich die M 
Nahmen der Urheber angeben zu können , 'erfodert eine ue 
große Uebung. Man mnß mit der genauesten Aufmerk- un 
jamfeit eine unzählige Menge von Gemählden von al- = 
len Schulen gesehen und geprüft haben, so daß man "4 
die unterscheidenden Merkmahle der verschiednen Schu- 43 
len, ihre vorzüglichsten Meister, welchen herrschenden <i 
Geschmack jeder derselben eingeführt, wie ihn Hunder- 5 
te nachgeahmt, wie sie ihn verändert, - u. f. w. voll? 0; 
fommen inne hat. Um ferner über einen gewissen Mei- ene 
stier zu urtheilen, reicht es nicht hin drey oder vier Ge- 130 
mählde von ihm gesehn zu haben : man muß viele aus je 
verschiednen Perioden seines Lebens gesehen, und über Zlig 
die Fortschritte des Künstlers, über die Veränderungen [owe 
in seiner Manier , über die Gemählde , welche seine den, 
Schäler in der Schule mit Beyhülfe ihres Meisters 
ausgesührt , endlich über seinen Geist, 'Wetrachtungen ng 
angestellt haben. Das leßte ist freylich das am leich? Zu 
testen der Beobachtung sich entziehende, aber auch das sold 
ensscheidendste Keunzeichen? denn der Geist ist es eben, jW: 
zvas der Meister den Schülern nicht mittheilen kaun z u 
und wer sich galle einzelnen Tigenschaften eines Künst: Wel, 
lers gemerkt hat, ohne seinen Geist gefaßt zu haben, Unte 
fänn ihn noch nicht mit Sicherheit als den Urheber ei- 
nes Werkes angeben. 
Wenn ich die Unterscheidung der Originale von 
Kopien für den höchsten Grad der Kennerschaft erklär 
te, so versteht es sich von selbst, daß nicht von mittel? 
mäßigen Kopien, sondern nur von guten die Rede 
war, welche auch den einsichtsvollsten manchmal eine 
Zeitlang im Zweifel erhalten können. Wey diesen kön- 
nen noch sehr verschiedne Grade der Bollfommenheit 
Statt finden: eine Kovie kann treu aber knechtisch, sie 
Fann mit Zeichtigkeit aber ohne Trete, und endlich bey 
der
	        
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