356 Geschichte
reißen sehen müssen , und sie schien in der Person des? 1)
selben ihren höchsten Gipfel erreicht zu haben. Nas ey
pdael im Ausdrucke zu übertreffen, ist beynah unmögs? »
lich. „Dasselbe gilt von der Vollkommenheit seiner 116
richtigen , reinen und edlen Zeichnung. Sollte er ihn ha
im Kolorit zu übertreffen suchen ? Michelangelo war ne
ein viel zu einsichtsvoller Künstler , um nicht diese Un- preset
möglichkeit an sich wahrzunehmen. Was blieb ihm
also übrig ? Die Kraft in den Umrissen, die Kühn-
heit in den Bewegungen, und das Schrecflice. Er
erwählte daher das, wohin ihn schon die Natur des
Gegenstandes , noch weit mehr aber sein eigner Cha?
rakter leitete. Won jeher war bey ihm der Tiessinn
eines männlichen und durchaus unabhängigen Geistes
mit einer stolzen Zuversicht auf sich selbst , welche sich
auf das Bewußtseyn eigner Stärke gründete, mit ver?
schlossenem Ernste der Gemüthsart , mit einem großen
Hange zur Einsamkeit, und mit finstern Launen ge-
paart gewesen, die manchmal in 'den wunderlichsten
Sctarrsinn augarteten *. Unter den zur Mahlerey ge-
höri-
m. Es ist der Mühe werth, hier ein paar Anekdoten aus
vielen anzuführen , die uns den Mann besser kennen lehs
ren, als allgemeine Beschreibungen thun könnten. Als
er beschäftigt war die Kapelle zu mahlen, fiel er von dem
Gerüste von einer großen Höhe herunter und nahm Scha?
den am Bein. Er ergrimmte hierüber so sehr, daß ex
niemand zu sich lassen wollte , um ihn zu heilen. Ein
Florentinischer Arzt Baccio Rontini, der den M. A.
liebte, ging hin um ihn zu besuchen, allein niemand
wollte ihn in das Haus lassen. Meister Baccio, der
ebenfalls ein eigensinniger Kopf war, seßte es darauf hins
einzukommen, und es gelang ihm endlich einen andern
Eingang zu sinden. So drang er denn in das Zimmer,
wo der Patient saß oder lag, und fand ihn noch in eis
ner so verzweifelten Leidenschaft, daß er nun dufmaus
nich