wesentlich andere Anschauung auch ein wesentlich anderes Material fordert
und dadurch eine selbständig neue Kunst bildet. So scheidet sich zunächst
die Malerei, da sie nur den Schein der wirklichen Körperlichkeit auf
eine Fläche vermittelst eines Materials legt, das nach seiner Körperlichkeit
eigentlich gar nicht in Betracht kommt, von der Baukunst und Plastik
als eine selbständige Kunst ab. Baukunst und Plastik haben in gewissem
Sinn ihr Material gemein: den schweren, in seiner wirklichen Ausdehnung
geltenden Körper z die Baukunst als Kunst des messenden Sehens bildet
ihn abstract geometrisch, die Plastik als Kunst des tastenden Sehens,
dessen Gegenstand die Welt der individuellen, organischen Oberflächen ist,
schafft ihn zur schönen , leibli<h gediegenen Erscheinung dcr Seele umz
jenes ist strenge, dieses subjectiv beseelte Objectivitätz die Malerei aber,
eben weil sie einen bloßen Schein von Ausdehnung auf die Fläche wirft,
liegt der reinen Subjectivität der Musik näher und bezeichnet ven Ueber-
gang der bildenden Kunst in diese Form. Hier stellt also die Plastik
offenbar die Mitte dar, während im ganzen System der Künste das Sub-
jectiv = Objective den Schlußpunct bildetz der Grund davon liegt in der
eben genannten Bedeutung der- Musik ausgesprochen; es ist die Stellung
der bildenden Kunst auf der ersten Stufe des Systems, ihr Hinausweisen,
Hinaufdringen zur subjectiven Kunstform, was hier die streng objective
Kunst voran, die subjectiv - objective in die Mitte, die subjective (innerhalb
des objectiven Gebiets) an die Grenze stellt. Warum die Musik in so be-
deutende Unterschiede nicht augeinanderfällt, läßt sich aus ihrer subjectiven
Natur bereits ercathen. Die Poesie wiederholt als die Kunst der ganzen
sich in sich selbst bewegenden Phantasie in Epos, Lyrik, Drama die ganze
Stufenfolge der Künste in sich, ebenhiemit aber das ganze System der
Aefihetik, denn das Epos ist objectiv und entspricht der bildenden Kunst
und im Systeme dem Naturschönen, die lyrische Dichtung subjectiv und
entspricht der Musik und im Systeme der Phantasie, das Drama subjectiv-
objectiv und entspricht der Poesie selbst“ und im Systeme der Kunst.
Hiemit bestätigt sich die Schlußbemerkung zu 8. 937, daß die Bewegung
der Rückkehr des Systems in sich“ noch tiefer dringen werde, Aber in
dem geistig flüssigen Etemente dieser höchsten Kunsiform, die kein Material
im gewöhnlihen Sinne mehr hat, werden diese Arten nicht zu selbsiän-
d'gen Kunstformenz wenn wir sie bloße Zweige nennen, so ist dam t der
Uebergang zu der folgenden Untereintheilung der Kürste mit dem Vorbehalte
gegeben, daß keine Kunst e'nen so bedeutenden Formen- Unterschied entwickeln
werde, wie diese, daß also die Zweige der andern Künste nicht die bedeu-
tende Stellung einnehmen, wodur< sie dem entsprächen, was in anderem
Gebiete in der Form von selbständigen Künsten auftritt, wie dieß bei
den Arten der Poesie der Fall ist. Es zeigt sich hier eine interessante
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