Full text: Die Kunst überhaupt und ihre Theilung in Künste (3. Theil, 1. Abschnitt)

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„ebenfals theils berechtigt, thei's unberechtigt; dieß bezicht sich auf 6. 532, 
wo von Verbindungen der Styl-Arten die Rede ist, wie sie abgesehen von 
den historischen Bedingungen jederzeit durch einzelne Individuen vollzogen 
werden können, Offenbar unberechtigte Verbindungen sind z. B, die der 
vollen Farbe mit der plastischen Gestalt, der malerischen Composition mit 
dem Reliefz doh auch sol<e erhalten in diesem Zusammenhang ibre 
historische Bedeutung. Es handelt sich aber nicht blos von einer Verän- 
derung der Känste, sondern es ist klar, daß ganze Künste und Gruppen 
von Künsten einem Ideale vorzüglich entsprechen und in ihm seine Aus- 
bildung finden. Auch dieß ist in 6, 4235 ff. im subjectiven Sinne (von 
Seiten des innern Grundes- der Künste in gewissen Arten der Phantasie) 
schon aufgezeigt, wird aber nun erst in seiner Stärke hervortreten, da 3. B. 
die Plastik sich beinahe gar nicht allgemein wissenschaftlich behandeln läßt, 
sondern vermöge des sireng classischen und namentlich die Mythologie 
fast unabweislich fordernden Geistes dieser Kunst die historische Behandlung 
sih auf allen Puncten in die logische eindrängt. Darin hat nun 
Hegel einen Beweggrund gefunden, das geschichtlihe Moment sogar 
zum Eintheilungsgrunde der Künste überhaupt zu erheben (Aesthet, Th, 1 
S. 106--116 Th, 11 S. 252--261): die Architektur tritt als die sym- 
bolische, die Plastik als die classische, die Gruppe der Malerei, der Musik 
und Poesie als die romantische Kunst auf. Die Plastik ist die Mitte des 
ganzen Systems? die reine Gegenwart des Absoluten in der individuellen, 
ungetheilt sinnlihen und geistigen Gestalt der Gottheitz die Architektur, 
einen innern Sinn nur andeutend, tritt auf das eine Extrem, indem sie 
dem Gott seine räumliche Umgebung schafft, auf das andere treten die 
romantischen Künste, in denen der Gott übergeht in das subjective Leben 
der Gemeinde, und die Malerei, Musik, Poesie stellt eine Steigerung 
dieses Prozesses der Vergeisiigung dar. Doch sc<wankt Hegel in der 
Anwendung dieses Eintheilungsprinzips, er stellt das aus dem Unterschiede 
des Materials abgeleitete mit dem historischen durch ein „auf der andern 
Seite“ (Th. 1x S. 107) zusammen und in den Ueberschriften erscheint die 
historische Bezeichnung nur bei den „romantischen Künsten.“ In der That 
muß im System der Künste das außer- oder vielmehr übergeschichtliche 
rein logische Prinzip herrschen; hier ist die Thatsache, daß jede kunstübende 
Nation und Zeit mehr als Eine Kunst angebaut hat und die Poesie 
namentlich ihrer Natur nach die sc<lehthin allgemeine Kunst ist, das Be- 
stimmende und die andere, daß die Ideale sich in einer oder einigen 
Künsten reiner und völliger offenbaren, als in den andern, muß dagegen 
zurücktreten, so daß seibst die oben hervorgehobene Schwierigkeit in der 
Darstellung der Plastik nicht so stark erscheinen darf, um nicht den Gesichts- 
punct, daß doc< der Orient, das Mittelalter, die neue Zeit auch iyre 
„38
	        
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