Full text: Die Kunst überhaupt und ihre Theilung in Künste (3. Theil, 1. Abschnitt)

sammen 3 wer aber ein Bewußtsein davon hat, wie sie einander eigentlich 
ausschließen, unterscheidet sie zwar, muß sie aber doh in der Aufführung 
der Zweige nebeneinanderstellen. So schließen in der Poesie Epos und 
Roman einander aus, denn jenes ruht auf der mythischen, dieses auf der 
aufgeklärten Weltanschauung, und do< müssen beide nebeneinander als 
Zweige der epischen Form in der allgemeinen, logischen Darstellung hin- 
gestellt werden. Man kann sich nicht damit helfen, daß man die mythischen 
Zweige aus dieser wegläßt und der historischen Darstellung vorbehält, 
weil wesentliche Kunstbegriffe, die sich einmal am Mythischen entwickelt haben, 
aber den Charakter einer Kunst an sich ausdrüFen, sonst ausfallen würden, 
Wer wollte, um auf die Bemerkung über die Plastik zurückzufommen, das all- 
gemeine Wesen dieser Kunst darstellen ohne Berücksichtigung des hohen, ruhig 
thronenden Götterbitds! Wie aber das Mythische seinen Tod überlebt, so 
baben Zweige, welche durch das mythische Jdeal eigentlich ausgeschlossen sind, 
schon zur Zeit der Blüthe desselben in voller Kraft bestanden, so der ganze 
Kreis rein menschliher Darsiellungen neben dem Götter = Ideale der Plastik, 
ein Widerspruch, der nicht geläugnet werden kann, wenn man z. B. bedenkt, 
daß streng genommen die Liebe im Eros vollständig dargestellt und daher die 
Darstellung derselben in ihrer rein menschlichen Erscheinung eigentlich eine 
Tautologie istz ja man kann vom griechischen Drama sagen, es sei ein kühner 
und herrliher Widerspruch mit der streng mythischen Anschauung , wie sie 
Grundlage des Epos ist, Freilich ist jenes viel jünger, als dieses, aber 
beide gehören dom Einem Ideale an. Ebendieje historische Erscheinung 
aber beruhigt über den unvermeidlichen Widerspruch in der wissenschaftiichen 
Darstellung 3 stellt die Geschichte zusammen, was streng genommen einan- 
der aufhebt, so trifft die Wissenschaft keine logische Schuld , wenn sie 
dasselbe thutz nur muß sie ein Bewußtsein davon haben und dieses hat 
sich einfach dadurch auszusprecben, daß die historische Darstellung die wahren 
und nothwendig successiven Verhältnisse dessen auseinanderseßt, was die 
logische Aufrechung nebeneinanderstellt, als wäre es oder könnte sein ein 
Gleichzeitiges, 
VB 
Die Einheit in der Theilung, 
8. 542, 
Schon die Entstehung der einzelnen Künste in der Gruppe der bildenden 
Kunst und der Hauptgattungen der Dichtkunst , ferner der spezielleren Kunst- 
Zweige aus Mischungen der verschiedenen Arten der Phantasie (6. 539.), ebenso 
die historischen Uebertragungen des Geistes einer Kunst auf die andere (8. 541) 
160
	        
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