Full text: Die Kunst überhaupt und ihre Theilung in Künste (3. Theil, 1. Abschnitt)

den Künstler hineinzestellt haben. Diese drei Gläubiger begleiten ihn auf 
bem ganzen Wege vom Entwurfe zur Ausführung , also auch bei der 
vrganisirenden Thätigkeit, die wir so eben betrachtet haben. So kann, um 
die zweite Bedingung zu erwähnen, Vorrath oder Mangel an einer gewissen 
Gattung von Naturschönheit (z. B. Modellen) auf die ganze Conception 
und Composition fördernd, hemmend, in ein anderes als das zuerst beab- 
sichtigte Bett leitend einwirken, so kann die Art eines gegebenen Materials 
schon im Anfange des Entwurfs die Nichtung bestimmen z klar aber ist, 
daß, unbeschadet des fortdauernd gleichzeitigen Einwirkens aller drei Be- 
dingungen, doch die erste, die Stellung zum Publikum, gerade bei dem 
geistigsten Theile der Arbeit, dem ersten Wurf und der Composition, 
ganz wesentlich bedingend im fördernden oder hemmenden Sinne sich 
geltend macht, daß also hier der Ort ist, wo diese Seite dargestellt werden 
muß. Die zwei andern Anforderungen erledigen sich dagegen in besondern 
Abschnitten und begründen im Wege zur eigentlihen Ausführung bestimmte, 
weitere Momonte, wobei sich jevoch allerdings zeigen muß, daß sie auch 
auf die ersten, hier vorliegenden Schritte bestimmend einwirken. Auch 
dieses Gebiet ist im System der Aesthetik bis jekt noch wenig beleuchtet; 
Hegel hat unter der Aufschrift: „die Aeußerlichkeit des Ideals im VBerhält- 
niß zum Publikum“ im 1, Theil s. Aesth, die Frage über die sog. historische 
Treue abgehandelt, die wir in 6. 400 erörtert haben, Andeutungen über 
das , wovon im gegenwärtigen Zusammenhang die Rede ist, über die 
Bestimmung der künstlerischen Thätigkeit durch einen äußern Willen u, s. w. 
giebt Schleiermacher a. a. O. S, 264 |. 
2. Die zwei Standpuncte , die der 8. durch „sittlich betrachtet“ und u 
„es handelt sich aber allgemein“ u, s. w. unterscheidet, verhalten sich so, LF 
daß unter jenem eine Pflicht ausgesprochen wird , unter diesem aber das v 
Ganze der Verhältnisse, in das die Kunst hineingesett ist und das auf 
einem Geschlinge von Bedingungen beruht, zu denen allerdings wesentlich 
auch der Zustand des sittlichen Lebens gehört und mit diesem alles Factische, 
was gegenüber jener Pflicht yon der Kunst, wie sie der Einzelne antrifft, 
gethan oder unterlassen ist: also das Ganze des geschichtlichen Zustands, 
wie er dem Einzelnen die Erfüllung jener Pflicht, der Kunst ihre Freiheit 
zu bewahren, erleichtert oder erschwert. Wir geben jedoch weder unter 
jenem Standpunct eine Künstlermoral, noch unter diesem eine Geschichte 
des Verhältnißes der Kunst zum Publifum. Die gründliche Erledigung 
jenes Standpunctes nämlich müßte Gegenstand einer besondern ethischen 
Abhandlung sein , die freilich eine höchst bedeutende Aufgabe und wünschens- 
werthes Werk wäre; die Aesthetik muß sich darauf beschränken, den 
leitenden Gedanken aufzustellen, und der 5, spricht ihn einfach dahin 
aus, daß die Schuld der besondern Phantasie au die allgemeine nie zur 
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