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als ein solches, das die revolutionäre Stimmung mit dem Dichter theilt;
die Naturrohheit wird Mode; der Dichter kennt diese Forderung seiner
Zuhörer, liebäugelt mit ihr, das Unabsichtliche wird absichtlich und unvper-
sehens ist der freie Göttersohn ebenso ein Knecht der Menge geworden,
wie der Sklave des Hof- und Adelsgeshmac>s, Jett wird das Natur-
wilde selbst mechanisch, selbst nach der Schablone verfertigt, die Styllosig-
Feit wird zum Style,
2. Improvisiren im eigentlihen Sinne heißt, in Gegenwart von
Zuhörern über ein von ihnen gegebenes Thema ein Gedicht vortragen,
das in einer möglichst kurzen Frist der Besinnung entworfen ist, im Vor-
trag aber erst ausgeführt wird. Diese Caricatur der bligschnellen ersten
Operation der Phantasie, wodurch das Schöne geschaffen wird, ist neuer-
dings mit Recht verschollen. Die geniale Schnelligkeit soll durc<h diesen
Act recht in ihrer Geburt dem Publikum vorgezeigt werden, verliert aber
eben durc< dieß Vorzeigen, dieß Belauschenlassen des schamhaft Verbor-
genen und Geheimen ihren Sinn oder wird vielmehr in ihrem Wesen
aufgehoben, Denn durch die wirflihe Gegenwart der wartenden Zuhörer
ist die Schnelligkeit statt einer Naturschnelligkeit eine pressirte Schnelligkeit
und diese bringt nichts zu Tage, als handwerksmäßiges Zusammenleimen
von Gemeinplägten, fertigen und landläufigen Bildern, Reimen und dergl.
Die italienischen Kunst - Improvisatoren sind bekanntlich aus den Volks-
Improvisatoren hervorgegangen, welche uneigentlich so heißen, wenn sie
fremde epische Gedichte vortragen, dem eigentlichen Stegreifdichter aber
näher stehen, wenn sie Novellen , Mährc<hen aus freier Hand, doh nach
einem gegebenen Stoffe und mit vorhergehender Ueberlegung des Plans
vortragen , wie dieß bekanntlich noc< heuzutage in den Straßen der ital.
Städte geschieht, Diese sogenannten Improvisatoren weisen zurü> auf
die Rhapsoden Griechenlands und diese führen in letter Linie auf das
ursprüngliche Entstehen des epischen Lieds und aller Poesie überhaupt,
das nun allerdings als ein unter den Augen wartender Zuhörer werden-
des vorzustellen ist, Allein da ist die Sage vorher von Mund zu Munde
gegangen, ein StüF aus ihrem Kreise, den er freilich zugleich erweitert,
ergreift der Volssänger, die Anlage und Composition ist ihm aber im
Wesentlihen dur< die Sage selbst gegeben, nur die spezielle Aus-
führung improvisirt er, und auch diese nicht ohne eine vorhergegangene
Meditation in stiller Einsamkeit und für Zuhörer, welche nicht die Absicht
haben, die Schnelligkeit seines Hervorbringens zu control:ren, sondern mit
ihm, dem Begeisterten , seine Begeisterung durch die ihrige verdoppelnd, durc
sic< der Herrlichkeit ihrer Heldenbilder freuen. Es gilt dieß auch Kre
der te<hnischen Form, die gleichzeitig mit dem Inhalt wuchs und wurde z ihr
wir müssen uns ein Versuchen derselben unter Begleitung des musifali- auf,
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