Full text: Die Bildnerkunst (3. Theil, 2. Abschnitt, 2. Heft)

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Stellung , als eine verstärkt ausblühende Ornamentik, wird sie in neuem 
Sinn malerisch, nämlich eben als Blüthe einer an sich schon in gewissem 
Sinn malerischen Architektur; aber auch dichterisch , indem sic das Epos 
der religiösen Phantasie noch beziehungsreicher, als im griechischen Tem- 
pel, namentlich allerdings auch in den Zusammenstellungen der Statuen 
am Portal mit dem Relief seiner Bogen - Füllung, entfaltet und aus- 
spinnt, Einzelne Gebäude, wie der Campanile zu Pisa, geben die An- 
fnüpfung zu einem Ueberbli& über die ganze Weltgeschichte. =- Ist nun 
der Styl der Bildnerkunst hier an sich schon ein malerischer geworden, so 
ist es nur natürli<h, wenn die vollkommene Bemalung auch wirklich hin- 
zutritt; die eckig harten Formen bedürfen hier der Farbe zu ihrer Milde- 
rung , wie in Wirklichkeit eine interessante, aber nicht normal schöne Ge- 
si<tsbildung nicht ohne Farbe gefällt. In der Holzschnizerei ist zudem 
die Farbe schon durc< die TroFenheit des Tons, den das Material hat, 
nahe gelegt. Hier ist es denn, wo das Bemalen bis in die Einzelnhei- 
ten der Adern hinein völlig wie in der selbständigen Malerei dur<geführt 
wird, in einem Umfang also, wie ihn die Alten niemals kannten, Den- 
noch stellt sich der gespenstische Eindru> der Wachsfigur (vergl. 8. 608 
Anm.) nicht ein; die viele Vergoldung, die Aufstellung zwischen reichem 
Ornament, der Glanz der Oelfarbe läßt es nicht zur geistlos unheimlichen 
Illusion kommen und was man raffinirter Absicht der gemeinen Täuschung 
nicht verzeiht, siebt man der Naivetät, welche die Künste vermischt, bei 
der übrigen Reinheit des Gefühls und Genialität gerne nam. Diese Ge- 
nialität tritt z. B. in den Schnißwerken der Syrtin in hoher Vollendung 
hervor; es ist hier ein Shwung, eine Wärme der Belebung, welchem dem 
zwar in Formen reiner plastischen Styl der Italiener in selbständiger 
Höhe gegenübersteht, 
„Die moderne Bildnerkunft 
S. 645, 
Die reine plastische Form wird nach elassischem Vorbild in Italien er- 
neuert, zuerst mit einem noch der mittelalterlichen Innigkeit angehörigen Aus- 
druck naiver Anmuth, wobei das Malerische mehr nur in der Relief -Compo- 
sition (vergl. 5. 644) sich behauptet, Eine Verbindung dieser gereinigten Form 
mit einem gemäßigten <araktervollen Individualismus und Naturalismus tritt
	        
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