Full text: Die Bildnerkunst (3. Theil, 2. Abschnitt, 2. Heft)

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ais- auch das Architektonische , an das er diese Auszierung heftet, für seinen 
<en Gesichtspunct selbst componirt. Zur völligen Auflösung aller plastischen 
rab- Gesege wird die Manier des leidenschaftlich Bewegten , dramatisch Fort- 
lein gerissenen durch Bernini ausgebildet, Das plastische Gleichgewicht, die 
anz Ruhe in sich ist rein weg, ein auswärts liegender Magnet scheint an 
allen Enden auf die Gestalt zu wirken und sie aus ihrem Centrum herauszu- 
Jen- wirbeln, auch in die Gewänder und in die Haare fährt es wie ein zerzausen- 
Zeit der, aufwühlender Wind. Eine besondere Form , die neben dem heroischen 
agd Auffahren herrscht, ist der Ausdruck ekstatischer Verzücktheit, wie ihn über- 
be- haupt der aufgeregte Katholizismus nach der Restauration pflegt. Neben 
igen dem Shwulste der falschen Kraft wird nun aber auch die Süßigkeit und 
mo- der lüsterne Reiz der falschen Grazie aufgenommen und zu einem Zweige 
luf- dieser Richtung ausgebildet, Daß die Formen an sich, obwohl man seit 
janz der Renaissance das plastisch Schöne wieder erkannt hat, in dieser Herr- 
izte, shaft der Manier ebenfalls aus Rand und Band gehen müssen, erhellt 
zur von selbst; ein neuer Naturalismus dringt ein, nicht mehr der tüchtig herbe 
eser des Mittelalters, sondern ein gemeiner, vom zufälligen Modell entnom- 
nien mener: „Bernini suchte Formen, aus der niedrigsten Natur genommen, 
mit gleichsam durc< das Uebertreiben zu veredeln und seine Figuren sind wie 
ung der zu plößlihem Glü> gekommene Pöbel“ (Winkelmann G. d. K. B. 2, 
ißen S. 43). Der Musfel wird zum aufgedunsenen Ballen, die erhißte Ader 
rühe schwillt und wo das Weiche gesucht wird , zittert das schwammige Fett. 
von Diese Manier hat sich wie der frühere Styl der no< tüchtigeren Re- 
ber- naissance von Italien aus vor Allem nach Franfreich verbreitet; hier 
em“ wird das Theatralische, was an sich shon in ihr liegt, dur< die den 
nial Franzosen ihrem Naturell nach eigene Nichtung auf sol<hen seiner Wir- 
eht- kung selbstgefällig bewußten Effect, hier besonders auch das Süße und 
nier der falsche Reiz auf seine Höhe getrieben. An bedeutenden Talenten, 
run- die innerhalb der Berirrung Geniales leisten, fehlt es jedoch weder hier, 
rscht no< in Deutschland, wohin diese Formen, wie über Spanien und Eng- 
den land, sich verbreiten (Schlüter). Was nun die Stoffwelt betrifft, so wird 
auf wohl im Einzelnen das geschichtliche Leben selbst in Monumental - Sta- 
ann, tuen und einfa<g menschlihem Genre mit frischer und fräftiger Hand ex- 
astik griffen z es ist zu 1. erwähnt, daß selbst der Rokoko sich namentlich noh 
Ar- durch schöne historische Büsten auszeichnet 3 das Wichtigere aber ist, daß 
sche, diese Epoche kein Bewußtsein davon hat, wie unvereinbar ihre Manier 
Sta- mit den Gegenständen der zweiten Stoffwelt ist, daß sie vielmehr ihren 
und höchst subjectiven Geist ohne Scrupel in die vom naiven Glauben ge- 
stel- schaffene, objectiv ernste mythische Gestaltenwelt des Mittelalters und frei- 
tisch, lich hart daneben in die seit der Renaissance mit Begierde aufgegriffene 
auer antife Götter - und Herovenwelt hineinschüttet und außerdem, daß diese
	        
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