Full text: Sache, Leben und Feinde

sachen, die dann im Vortrag selbst, gleichsam wie eben geschaffen, 
specialisirt dargelegt und in geläufiger Rede, durch anschauliche 
Ausstattung mit Beispielen, in allen Richtungen beleuchtet wurden. 
So fiel.die Hauptarbeit in den Vortrag selbst; denn alle Geläufig- 
keit im Stoffe, zu der ich durch meine ganze Forscher- und 
Schriftstellerarbeit gelangt war, konnte mir nicht die Nothwendig- 
keit ersetzen, mich immer von Neuem in den Gegenstand zu ver- 
tiefen. Grade bei dieser Vortragsart musste ich Verstand und 
Gefühl jedesmal in die lebendigste Thätigkeit versetzen. Dies 
nahm unvergleichlich mehr Kraft in Anspruch, als die gewöhnlichen 
gleichgültigen Vorlesungen und Vorträge, die entweder schriftlich 
Vorliegendes oder Auswendiggelerntes wiedergeben. Es wirkte 
aber auch unvergleichlich mehr. Der sich lebendig regende Ge- 
danke des Sprechenden bewegt auch den des Hörenden und das 
eben entstehende Gefühl theilt sich eindringlicher mit, als ein auf- 
bewahrtes Präparat von erst künstlich anzublasenden Empfindungen. 
Rege Aufmerksamkeit, die bei Universitätsvorträgen nicht häufig ist, 
lohnte mir überall diese aussergewöhnliche Mühe. Da ich mit 
ganzem Verstande und ganzem Gemüth bei den Sachen und 
Personen war, von denen ich sprach, so wurden auch die Ver- 
standes- und Gemüthskräfte der Zuhörer unwillkürlich dort regsam 
concentrirt. 
Bedenkt man den universellen und vielverzweigten Stoff, den 
ich in den Schriften und Vorträgen vereinigte, so wird man er- 
messen, dass der Inhalt noch unvergleichlich mehr als die Form 
wirken musste. Nicht blos Sachen sondern auch Personen waren 
es, die ich überall aus der Wissens- und Strebensgeschichte der 
Menschheit in voller Wirklichkeit und Wirksamkeit vorführte. 
Indem ich alles Bedeutende und Grosse heraufbeschwor und jedem 
hohen Streben der Persönlichkeiten in meiner Wiederdarstellung 
gegenwärtige Lebensfülle verlieh, wirkte ich nicht blos mit meinen 
eignen Kräften, sondern auch mit den vorzüglichsten aller Zeitalter. 
Was sich sonst so trocken ausnimmt und den Lesern oder Zuhörern 
in der gemeinen Darstellung so wenig Theilnahme abzugewinnen 
pflegt, nämlich die Wissenschaftsgeschichte, diente mir grade als 
ein Hauptmittel zur Erzeugung der lebendigsten Theilnahme. 
Wer, wie die gewöhnlichen Darsteller der Wissensgeschichte und 
des sonstigen Strebens der Menschheit, viel zu tief steht und über- 
dies viel zu verlehrt und blasirt ist, um mit den höchsten Vertretern 
der jedesmaligen Sache mitzudenken und mitzufühlen, der kann 
420
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.