Al
8. 4. Die Standpunkte des Reflexionsurtheils,
16. Alle die vorgenannten, in ihrer Gegensätzlichkeit aufgezeigten
‚Standpunkte haben, wie auch sonst ihre Verschiedenheit sein mag
dies Gemeinsame, dafs die Weise ihrer Anschauung in Fragen der
Kunst und darum auch ihr Urtheil auf der mehr oder weniger von
der Reflexion beeinflufsten Empfindung beruht. Indessen hat in
den zuletzt behandelten Standpunkten, namentlich in denen de
„Sammlers“ und des „Händlers“ die Reflexion bereits eine solche
Stärke und Ausdehnung gewonnen, dafs sie nahe an der Grenz
stehen, wo das Empfindungsurtheil gänzlich in das Reflexionsurtheil
übergeht. Ja, es giebt einzelne Vertreter desselben, welche sich
von der bis dahin praktischen Tendenz ihres Interesses bis zu einer
theoretischen Behandlung des Inhalts erheben. So giebt es Kenner
von Fach, welche ihre Kennerschaft systematisiren und nach dieser,
Richtung hin als Schriftsteller auftreten; ebenso giebt es Sammler,
welche über das ihnen geläufige Gebiet allgemeine Reflexionen an-
stellen, die Thatsachen desselben, wie sie sich bei anderen Schrift-
stellern finden, kritisch prüfen, durch genauere Erforschung modi-
ciren u. s. f. Die Bedeutung des Kunstauctionskatalogs
als Embryos der Kunstgeschichte ist schon erwähnt.
Solche gewissermaafsen monographischen Arbeiten sind nun
on nicht geringem Werth, denn sie enthalten, mit Vermeidun
jeder „unnützen Rederei“, als welche solchen Monographisten freilich
alle allgemeinen Betrachtungen ästhetischer Natur erscheinen, eine
reiche Quelle positiver Daten und wissenschaftlicher Details jede
Art, wenn diese auch in Hinsicht des Allgemeinen nur gleichsam
das Rohmaterial für das ästhetische Denken bilden. In dieser Form
zZ. B. wenn ein Sammler von Siegelabdrücken oder Münzen, die
schon an sich einen untergeordneten Kunstwerth besitzen und vie
mehr Gewicht für die Specialgeschichte einer besonderen Kultur-
entwickelung haben, ein Werk schreibt über „die Siegel der alten
polnischen Städte“, oder über „die Münzen der ersten christlichen
Fürsten“, so wäre ein solches als Arbeit immerhin mit Achtung z
betrachten, wenn auch die kunstgeschichtlichen und gar die kunst-
philosophischen Resultate davon sich auf ein Minimum reduciren.
Gleichwohl enthalten solche monographischen Arbeiten neben
dem blos historischen Detail bereits ein kritisches Element, ge“
hören also, trotz ihrer Begrenzung auf eine meist sehr enge Sphäre
und trotz des Ueberwiegens des rein Stofflichen über das Ideelle,
einer höheren Stufe an. Die niedrigste Stufe, welche gradezu_ als