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A a Klasse von Kunsthistorikern ist nun eine se
ahlreiche und ihre Vertreter besitzen solche Familienähnlichkeit,
dafs — wenn” so schlechthin von „Kunstgeschichte“ gesprochen
wird — gewöhnlich diese Art der Behandlung gemeint ist, womit ;
diese also für die eigentliche und wahre Geschichte der Kunst er- Ö
klärt werden zu sollen scheint. Es ist daher nach der Bedeutung, CO
solchen historischen Standpunkts "zu fragen, um das Maafls und die G
Grenze seiner Berechtigung zu bestimmen. Zuvörderst ist nun Die bir
zu bemerken, dafs die Gesammtkerntnifs des geschichtlichen Ma- $
terials für die Arbeit des denkenden Geistes, welcher dasselbe in
seinem organischen Ideenzusammenhang zu begreifen hat, eine selbst-
erständliche Voraussetzung ist. Jedoch ist ein solches Begreifen.
nur durch die Unter- und Ausscheidung des Nebensächlichen vom:
Wesentlichen, des Zufälligen und Beiläufigen vom Nothwendigen
und Charakteristischen überhaupt möglich. Die Kenntnifs eine
jeden beliebigen Details, z. B. jedes irgendwie zu bestimmenden
Datums, ist nicht nur unnöthig, sondern geradezu verwirrend und
durch Abziehung vom substanziellen Gedankeninhalt störend, schon
weil die blofse Massenhaftigkeit überhaupt zerstreuend wirken und
einer gedanklichen Durchdringung widerstreben mufs. Dergleichen
Unterschiede machen nun die Kunsthistoriker im obigen Sinne des
Wortes entweder gar nicht oder doch nicht in hinreichendem Maafse;
im Gegentheil, sie erscheinen um so gelehrter und folglich um so
gröfser, je massenhafter und subtiler das Detail ist, welches sie für
oder gegen die Richtigkeit eines an sich vielleicht ganz indifferenten
äufserlichen Faktums anhäufen. Wenn der denkende Historiker
alles Detail, das seiner Zufälligkeit, halber der Idee fremd ist, als
leeres Stroh betrachtet, aus dem die Körner des Gedankens bereits
ausgeschieden sind, bemühen sich die Handwerker der „historischen
unstforschung“ grade dies Stroh unermüdlich zu dreschen und
schliefslich zu einer Streu zusammenzutragen, worauf sich der Ruhm
ihrer Gelehrsamkeit bettet. Da ihnen nämlich das eigentliche Kri
terium für die Abschätzung des Wesentlichen und Unwesentlichen
fehlt, welches allein in der Beziehung des Thatsächlichen zum in-,
neren Fortschritt des geschichtlichen Geistes liegt, ihre Darstellung
des Thatsächlichen aber gleichwohl nicht alles und jedes Kriteriums
entbehren kann, so lassen sie sich mit solchen genügen, die wenig-
stens den Schein einer gewissen Berechtigung haben: namentlich mit
denen des „hohen Alters“ und der „Seltenheit“; wozu dann auch
wohl noch die „Schwierigkeit“, etwas zu beschaffen, hinzutritt.
Tierin stimmen sie also mit den Sammlern überein, für_ welche