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doch das Gemeinsame, dals sie einestheils, was die Form des An-
schauens und Denkens betrifft, durchaus auf dem Boden des’ blo[
verständigen Reflektirens stehen, anderntheils, hinsichtlich des In-
alts, einen auffallenden Mangel an Sachkenntnifs verrathen. "Eine
dieser beiden Momente würde schon genügen, um die zahlreichen,
fast unglaublichen Mifsverständnisse und schiefen Vorstellungen zu er-
klären, welche sich in den ästhetischen Erörterungen dieser Richtun
vorfinden; beide zusammen müfsten sie als völlig werthlos erscheinen
lassen, wenn die Vertreter dieser Art des Aesthetisirens sich nicht,
im offenbaren Gefühl ihrer Schwäche, zum grofsen Theil auf ein
eschickte, freilich meist unkritische Zusammenstellung der Ansichten
andrer Denker und der Ergebnisse fremder Forschung beschränkten.
Einen und den Andern treibt das Gefühl der Schwäche auch woh
gar dazu, alles Bedenken bei Seite lassend, gegenüber der wissen-
schaftlichen Erfahrung ein abstraktes Laienthum zu bekenne
und dies mit staunenerregender Prätension und‘ einem grofsen Auf
wand von sophistischen Trugschlüssen als den wahren wissenschaft-
jichen Standpunkt für sich in Anspruch zu nehmen.
Die dem phantastischen Schönrednerthum am nächsten stehende
lasse des „ästhetisirenden Eklekticismus“ ist diejenige, welche unter
dem Gewande und Titel einer „Populären Aesthetik“ auftritt.
;emit ist nun nicht jene echte Popularität der Darstellung gemeint,
welche bei strengster Methode gedanklicher Entwicklung nur inso-
fern sich dem allgemein-menschlichen Verständniss anzupassen sucht)
als sie alle unnützlich fremden Ausdrücke vermeidet und möglichst
enig den technischen Mechanismus des philosophischen Sprach-
apparats, welchem leider auch von unsern tüchtigsten Aesthetikern,
z. B. Vischer, zu viel Spielraum gewährt ist, in Bewegung setzt,
sondern es ist jene seichte Popularität gemeint, welche dem
sogenannten „gesunden Menschenverstand“ Alles mundrecht z
machen bestrebt ist. Wir werden dieser seichten Betrachtungs-
weise des Schönen und der Kunst später (in der Geschichte der
Aesthetik) besonders von den Engländern und Franzosen im 18. Jahr-
hundert vertreten finden. Aber auch heute noch — nachdem be-
reits die Aesthetik einen höheren, wissenschaftlichen Standpunkt
erreicht hat, treten solche Erscheinungen auf. |
Da übrigens diese moderne Richtung in ihren verschiedenen
Abzweigungen, obschon sie sich allerdings über die phantastische
Schönrednerei — wenn auch nicht allzuweit — erhebt, doch nicht
eigentlich, wie die geschichtlich berechtigte der englischen un
Französichen Aesthetik im 18. Jahrhundert, noch in die Geschichte
er Wissenschaft gehört, im Uebrigen auch hinsichtlich ihrer wissen