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tike Anschauung hinausgehende Tendenz zeigen auch seine Bemer- Kult
kungen über den Ausdruck des Auges, die wir auch schon bei eigen
Plotin fanden, sowie über das Wesen der Zeichnung, welche wicke!
durch blofse Licht- und Schattengegensätze die Farbenunterschiede nach 3
anzudeuten vermöge, z. B. „wenn blofs durch Weifs und Schwarz ganı 2
„ein dunkelfarbiger Jnder dargestellt werde, den wir dann mit Hülfe Denken
„der Einbildungskraft in seinem wahren Kolorit sähen“. — Na- SCHBP
mentlich aber ist es die ausdrückliche Höherstellung der Ma-
lerei gegen die Plastik, wodurch sich die nachantike Anschauung
Philostrats kennzeichnet. Als Grund davon führt er an, dafs die
Malerei einmal einen weiteren Kreis der Darstellung habe, indem
sie nicht nur Figuren, sondern auch Berge und Wälder und Quellen,
sowie den Himmel nachahmen könne, sodann auch, dafs sie überhaupt
durch die Farbe die Wirklichkeit in konkreterer Weise wiedergeben
könne und besonders auch das Auge als den unmittelbaren Spiegel
des Innern, des Gemüths, darzustellen vermöge. — Mit diesen Be-
merkungen, denen noch ähnliche des jüngeren Philostrat, des Neffen
des vorigen, hinzugefügt werden könnten, ist geradezu der Bruch
mit der in ihrer Grundanschauung wesentlich plastisch-empfindenden
Antike ausgesprochen.
134. Wir hätten dann noch von einigen andern Gelehrten der
damaligen Zeit verschiedene dergleichen Aeufserungen mitzutheilen,
wie von Kallistratus, welcher das Wesen der „künstlerischen
Begeisterung“ in ziemlich schwülstiger Weise behandelte, von Lon-
gin, der weitläufig über den Begriff der „Erhabenheit“ geschrie-
ben hat, indem er die verschiedenen Seiten des Begriffs, auch nach
seinem Ursprung und seiner Wirkung, betrachtet, ohne jedoch sei
es ‚den eigentlichen metaphysischen Inhalt desselben aufzudecken,
sei es die Momente dieses Inhalts systematisch zu ordnen, endlich
von dem heiligen Augustinus, welcher, seiner philosophischen
Anschauung nach im Alexandrinismus wurzelnd, die schon bei Plotin
vorkommenden Anklänge an christliche Ideen in direkter Weise auf
specifisch christliche Vorstellungen bezog. Gott ist ihm die ewige
Form, und die sich zur Wirklichkeit entäufsernde absolute Idee, als
schöpferisches Princip der Welt und des Schönen, der persönliche
Schöpfer selber. Unendliche Güte, Wahrheit und Schönheit sind
so die Eigenschaften Gottes, die er den Dingen mittheilt. Mit die-
sen Erörterungen ist also, wie bemerkt, der eigentliche Boden der
Antike verlassen und an die Stelle der philosophischen Intuition die
mehr oder minder äufserliche Reflexion getreten. Wenn sie also
auch andererseits als Symptome einer neuen Weltanschauung ein