Full text: Von Plato bis zum 19. Jahrhundert (1. Theil, 1. Abtheilung)

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schliefsen, gerechnet werden, sofern sie eben mit beiden zusammen- 
hängen. Ob man sich daher für das Eine oder das Andere ent-. 
scheide, hängt lediglich davon ab, durch welche Stufe sie vorwaltend Q 
bestimmt erscheinen, d. h. ob sie mehr die praktische Fortbildung ) 
der Principien der voraufgehenden, oder die ahnungsvolle, aber noch U 
formlose Andeutung der Principien der folgenden darstellen. Im 
vorliegenden Fall findet nun aber entschieden das erste Verhältnifs 
statt, und deshalb haben wir die in der Ueberschrift genannten Aes-: ß 
thetiker noch zur dritten Stufe der zweiten Periode gezogen. . 
Soweit hier eine Parallelisirung angestellt werden kann, darf DS 
man sagen, dafs sich Schiller, Jean und auch W. v. Humboldt, ast0G 
zu Kant etwa verhalten wie die Popularästhetiker des 18. Jahr- 1ns0 
hunderts zu Baumgarten, und dafs, wie Moritz und Mendels- gen 
sohn über Baumgarten, so jene drei über Kant hinausgingen; bei- wen. 
derseits aber, ohne ihre respektiven Principien zu verlassen. Man XenS, 
könnte diesen Parallelismus auch auf die zweite Stufe dieser Periode SCH 
ausdehnen und sagen, dafs dasselbe Verhältnifs bei Herder, Göthe; der 
und Hirt gegenüber Winckelmann und Lessing obgewaltet habe, %i 
wenn bei den letzteren von einem eigentlichen ästhetischen System, Ten 
statt blos von einem einzelnen Kunstprincip, die Rede sein könnte. Win 
Ehe wir auf die Frage nach der besonderen Stellung der Ver- Gepd 
treter der nachkantischen Popularästhetik zu Kant wie. untereinander; Pod 
näher eingehen, müssen wir eine kurze Bemerkung vorausschicken. nen 
Man ist nur zu leicht geeignet, die fast gleichzeitigen Heroen unse-. Sei 
rer Nationalliteratur gleichsam als eine Kollektivgröfse zu betrachten hat 
und sie so nicht nur aufserhalb ihres genetischen‘ Zusammenhangs, IB 
sondern auch ohne nähere innerliche Unterscheidung in’s Auge zu har 
fassen. Man redet dann wohl von den besonderen Standpunkten in 
und eigenthümlichen Richtungen von Lessing, Göthe, Schiller for 
u. s. f., findet auch Gegensätze auf u. s. f.; schliefslich ist man . 
indefs glücklich, zu dem erfreulichen Resultat zu gelangen, sie seien, 
trotz ihrer Verschiedenheit, doch Alle gleich gro/s gewesen!). Nun x 
dünkt uns aber, als ob man mit solcher nichtssagenden Phrase, in 
welcher sich eigentlich nur die Nationaleitelkeit bespiegelt,, dem ; 
Ruhm jener grofsen Männer weniger dient als dadurch, dafs man. T 
gerade ihre specifischen Eigenthümlichkeiten auf's Allerschärfste auf- 
fafßst und ihre Gröfse nicht quantitativ, sondern qualitativ festzu- 
stellen sucht; namentlich _aber die Quellen, aus denen ihre Eigen- 
‘1) Die Symptome solcher panegyrischen Abstraction zeigen sich z. B. in der Er- 
richtung des Göthe-Schiller-Standbildes und ähnlichen Dingen.
	        
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