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nn nung bereits von seiner künstlerischen Seite fassen als tragisches
Pathos; sondern ihm ist es hier zunächst um die anthropologisch
Betrachtung zu thun. „Die schöne Seele mufs sich also im Affekt
„in eine erhabene verwandeln, und das, ist der untrügliche Probir-,
„stein, wodurch man sie von dem guten Herzen oder der Tempera-
„‚mentstugend unterscheiden kann“.
= Sehen wir jedoch genauer zu, so ist dieser Gegensatz nicht
20 dem ichtig; es handelt sich nicht um Affekt und Affektlosigkeit, son-
CE dern ım Kampf und Kampflosigkeit, was keineswegs Dasselbe ist
Mur Die schöne Seele, als Harmonie von Pflicht und Neigung, ist kampf-
ii 0% os. Aber giebt es überhaupt solche schöne Seelen in so absolutem
un Sinne? Und sollen nun Alle, die — nicht ohne Kampf, und wäre
S als die es auch nur, Gafs sie sich vom Nachmittagsschlaf aufraffen, um zur
Ar echten Zeit ins Bureau zu gehen — einfach ihre Pflicht, wenn
MM Han. uch gegen ihre Neigung, erfüllen, sich schon einer erhabenen Ge-
fm sinnung und sittlicher Gröfse rühmen dürfen? — Wenn nun Schiller
add weiter sagt: „Beherrschung der Triebe durch die moralische Kraft
ep ist Geistesfreiheit, und Würde heifst ihr Ausdruck in der Erschei-
m ı „nung“, so möchten damit doch, so allgemein ausgedrückt, die Gren-
ne > zen der Würde allzuweit ausgedehnt sein. — Näher kommt er’)
N dem wahren Begriff der Würde schon dadurch, dafs er „Ruhe im,
„za Leiden“ ais Das bezeichnet, „worin die Würde eigentlich besteht“,
8 obschon auch dies noch nicht zulangt. Denn es kommt dabei nicht
men nur auf die Gröfse des Leidens, sondern auch auf die Qualität und
re har röfse der Zwecke an, für welche sich der Mensch dem Leiden
de de unterzieht. Die nun folgende Vergleichung von Anmuth und Würde
EL nach ihren realen Bedingungen enthält viel fein Beobachtetes. In
Wr. er „Vereinigung von Anmuth und Würde, jene durch die architek-
re TE tonische Schönheit, diese durch die Kraft unterstützt, in derselben
| Person“ sieht er „den Ausdruck der Menschheit vollendet“, d. h
PD 7 das „Ideal menschlicher Schönheit“, wie es in der Niobe, dem bel-
ie wederischen Anoll u. s. f. zu erkennen sei. „Der höchste Grad der
il „Würde ist die Majestät“. Als negative Abbilder derselben betrachtet
gende er dann noch das Schwülstige, das Kostbare (im Sinn des fran-
Zn zösischen precieum) die Ziererei, die Feierlichkeit und die
PS, % ravität — Ausdrücke, die wir zum Theil heute nicht mehr in
pn et diesem Sinne brauchen.
a _Dies ist das Wesentliche, was über die anthropologische Be-
rachtung des Schönen in_ seinen verschiedenen Momenten seiten
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