Full text: Von Plato bis zum 19. Jahrhundert (1. Theil, 1. Abtheilung)

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geheckt“ sei. Dabei zeigen sie dann aber, sobald sie in den Stoff 
selbst eintreten, nicht nur die aufserordentlichste Unwissenheit übe 
Das, was „ausgeheckt“ ist, sondern offenbaren auch meist eine wahr- 
haft klägliche Oberflächlichkeit in Dem, was sie selber als „höchste 
ahrheit“ verkünden. Abgesehen von der bornirten Einseitigkeit 
des Standpunkts, den sie gewöhnlich einnehmen — Hogarths ganze 
Reflektiren z. B. lief auf die armselige Bestimmung einer vorgeb- Al 
lichen „Schönheitslinie“ hinaus — bleiben sie auch meist an ganz AL 
äufserlichen Dingen haften oder verrathen, wo sie den Versuch e 
machen, tiefer in das Wesen einzudringen, einen auffallenden Mangel Le 
an Kenntnifs der einfachsten logischen Gesetze. Von eigentlichem On 
Denken im Sinne des begrifflichen Producirens_ ist nun vollend DD 
keine Spur bei ihnen anzutreffen. il 
Und dies ist auch ganz natürlich: denn wenn man den na- 
urgemäfsen Gegensatz zwischen theoretischem Denken und prak- 
ischem Schaffen in’s Auge fafst und erwägt, dafs zwar die Künstler 
auf das etwaige (ebenfalls laienhaft bleibende) praktische Produciren: 
eines Kunstphilosophen, z. B. wenn er Landschaften malt oder in 
Kupfer radirt, mit spöttischer Ueberlegenheit herabschauen, so sollte 
man billig erwarten, dafs sie umgekehrt eine gleiche Bescheidenheit, 
wie sie sie ja mit Recht dort verlangen, beweisen, wenn es sich um 
‚philosophisches Denken handelt. Statt Dessen sind sie, indem sie die 
innere Selbstgewifsheit, dafs sie den Inhalt besitzen, mit dem re 
lexiven Bewufstsein darüber verwechseln, des Glaubens, auc 
die alleinigen Besitzer der Wissenschaft davon zu sein, und ge- 
rathen bei dem Versuch, sich als Denker zu zeigen, oft in die Lage, sich a 
bei dem wirklichen Denker lächerlich zu machen. Wenn sie es nicht X 
allzu übel vermerkten, möchte man den über Kunst schriftstellernden n 
Künstlern manchmal das allerdings etwas triviale Wort zurufen: Ne VO 
sutor ultra crepidam, dessen Uebersetzung hier etwa lauten würde: ul 
„Maler, bleib’ bei deiner Staffelei“. Ed 
— Vielleicht aber giebt man solche Ansicht über die Beschränktheit . 
des Künstlerurtheils hinsichtlich allgemeiner ästhetischer Fragen zu 
m dafür mit um so gröfserer Entschiedenheit die objektive Geltungs- 
kraft derselben in Bezug auf bestimmte Werke der Kunst zu be- N 
haupten. Aber auch hiemit hat es eine eigene Bewandtnils. Zwar 
was die ganze technische Seite des Urtheils betrifft — und wir 
fassen hier das Wort „Technik“ im allerweitesten Sinne, rechnen 
somit nicht blos das _Handwerkliche, _sondern auch. das Wissen 
schaftliche der künstlerischen Ausführung, wie Anatomie, Perspektive, 
Proportion, ja selbst die Lehre von der Optik, sofern sie die Harmonie
	        
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