Full text: Von Plato bis zum 19. Jahrhundert (1. Theil, 1. Abtheilung)

3 Wenn wir auf die bisher betrachteten Typen hinsichtlich 
ihrer gegensätzlichen Entwicklung zurückschauen, so erkennen wir 
dafs der Fortgang darin der ist, dafs jedesmal das zweite Glied des 
egensatzes in einen neuen Gegensatz auseinander tritt. So spaltete 
sich in dem allgemeinsten Gegensatz „Laie“ und „Kenner“ der 
etztere in den des „Künstlers“ und „Kunstfreundes,“ letzterer wie- 
der in den des „Sammlers“ und „Händlers.“ Der Exponent jedes 
egensatzes ist immer der Unterschied des Interesses, und dieses 
Interesse wird daher auf jeder neuen Stufe zu einem engeren Be- 
griff zusammengezogen. Auch in dem „Kunsthändler“ können wir 
noch einen solchen Gegensatz herausheben, nämlich den zwische 
dem Kunstverleger, welcher die Kunstproduction fördert, indem 
er das Vermittlungsglied zwischen ihr und der Konsumtion bildet, 
und dem Kunstauctionator, welcher sich negativ dagegen 
verhält. * 
In diesem Sinne bildet der „Kunstauctionator‘“ ebenfalls einen 
Gegensatz gegen den Sammler, aber nicht, indem er ihm seine Samm- 
lung bilden hilft, sondern indem er sie zerstört. Um diese seine 
Stellung gegen den Sammler näher zu bestimmen, ist dieser noc 
von einer anderen Seite zu betrachten. Es wurde oben bemerkt, 
als das Kunstsammeln Respekt einflöfse; und zwar nicht nu 
urch das ernste Studium, ohne, welches es gar nicht denkbar 
ist, sondern auch des unsäglichen Fleilses, er unerschütterliche 
Geduld, der vielfachen Täuschungen und Entsagungen halber, denen 
der Sammler sich unterwerfen mufs, und welche sein Sammeln, für 
den Laien völlig unverständlich, zu einer fortdauernden Quelle der 
Aufregung, der leidvollen wie freundvollen, des tiefsten Schmerzes 
und eines ebenso tiefen Entzückens machen. Nichts aber ist ihm 
schmerzlicher und bildet geradezu die dauernde Qual seines Lebens 
als der Gedanke, dafs diese ganze, mit so grofser Mühe, Klugheit 
und Sorgfalt Stück für Stück von ihm, gleich der fleilsigen Biene, 
zusammengehbrachte und wie ein Kleinod gehütete und geschätzte 
Sammlung nach dem Tode_ ihres Schöpfers durch den unbarmherzigen 
Hammerschlag des Auctionators zersprengt und Das, was zu seiner 
Zusammenbringung ein ganzes langes Menschenleben erforderte, i 
wenig Stunden zerstreut und in viele, ganz fremde, vielleicht ver 
ständnifslose Hände gerathen wird. Wie daher solches Monopoli- 
siren des Besitzes, wodurch derselbe dem allgemeinen Verkehr und! 
Genufs entzogen wird, gerade deshalb der höchste Genufs, so ist 
der höchste Schmerz des Sammlers die Erinnerung daran; dafs‘ % 
seine Schätze nicht mit in’s Grab nehmen aondern sie schließslie
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.