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a zu vergleichen: um wie viel unabhängiger von seiner Zeit steht z. B.
der Aesthetiker Plato da als der Künstler Phidias von der seinen,
San obschon es die nämliche Zeit, also auch dieselbe Kulturentwicklung
ist, der sie angehören! Die antike Kunst ist für immer zu Grabe ge-
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z 7 tragen, die antike Aosthetik ist einer unendlichen Entwicklung
Y fähig und hat sie auch bereits durch Winckelmann, Lessing und
A egel zum Theil gefunden. Es folgt daraus, dafs die Geschichte
= 4 einer Wissenschaft, wenn sie auch den allgemeinen Grund und Bo-
Ya den der Zeit, in der diese gewachsen, zu schildern hat, doch au
FE a die praktische Gestaltung des Geistes keineswegs so unbedingt zu
A Re eflektiren hat, als die Geschichte eines objektiven Gebietes. Nur an
nem | eine Reflexion ist die Geschichte einer Wissenschaft allerdings ge-
U bunden, nämlich an die Geschichte, der Wissenschaft, d. h. an die
a eschichte des theorethischen, oder genauer gesprochen: des philo-
KU sophischen Geistes. Die Aesthetik als philosophische Wissenschaft
| ist, wie jede andere philosophische Disciplin, in der Philosophie
LES überhaupt gegründet und ihre Geschichte daher nur aus der Ge-
a schichte dieser zu erklären. Dieser Zusammenhang, an sich ein-
And leuchtend, ist aber ein derartiger, dafs selbst die Lücken, welche
‚= ihre Entwicklung zeigt — es mag hier nur an die 500jährige Pause
MC zwischen Aristoteles und Plotin und an den Sprung von diesem über
0enl anderthalbtausend Jahre fort bis zum 18ten Jahrhundert erinnert
pa werden — nur aus der Gesammtentwicklung des theoretischen Be-
Qy ch wufstseins, zum Theil auch des praktischen, zu begreifen sind.
mn 565. Dies ist nun der Gesichtspunkt, von welchem aus in dem
en orliegenden Versuch die Geschichte der Aesthetik behandelt ist,
te elner indem zuerst die drei im Wesen des menschlichen Bewufstseins
ot selbst liegenden Stufen des intuitiven, reflektirenden und spe-
ohte Aus- kulativen Erkennens als die allgemeinen und nothwendigen For-
EM men aufzuzeigen versucht wurden, innerhalb deren jede Entwicklung
Pharakler des Geistes sich fortbewegen mus, mag sie nun als die Entwick-
ri alet lung des einzelnen Individuums oder als die eines besonde-
Pi der ven Volkes oder endlich der ganzen Menschheit betrachtet
m ‚werden. Sofern nun jedes Individuum einer bestimmten Entwick;-
ungswel- lungsstufe seines Volkes, jedes Volk wieder einer bestimmten Stufe
ni in der Entwicklung der ganzen Menschheit angehört, mufs sich jenes
ri ab- allgemeine Gesetz dreifach wiederholen, ohne dafs die Momente_der
ide Dewegung selbst sich ändern. In diesem Sinne wurde die antike
e Aesthetik als intuitiv, die des 18ten Jahrhunderts als reflek-
BE trend, die des 19ten Jahrhunderts als spekulativ_ bezeichnet
N und _ als solche aufzuzeigen versucht. Es_ wurde ferner dargethan