Schönen und der Kunst sei, wobei völlig dahingestellt bleibt, ob das
Schöne in der Kunst, oder aber diese in jenem enthalten sei.
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2. Zu Nr. 2 (S. 5): Aesthetik sei diejenige Wissenschaft” /
darstellt.
Was den Namen Aesthetik betrifft, der bekanntlich von Baum-
garten herrührt — im Alterthum wird er nie in diesem Sinne gebrauch
— so ist Vischer darin beizustimmen, dafs, obgleich er eigentlich etwa
Anderes bedeute, nämlich die Lehre von den Empfindungen überhaupt, e
doch das Recht der Verjährung geniesse und defshalb beizubehalten sei.
Alle sonstigen Titel dieser Wissenschaft, wie Kallistik, Kritik der Urtheils- er
raft, Theorie der schönen Künste und Wissenschaften, Greschmackslehre
Kunstwissenschaft u. ff. sind noch weniger geeignet, weil sie die Einsei 3
igkeit ihrer Bedeutung noch ausdrücklicher bezeichnen. — W
3. Zu Nro. 22 (S. 49): ... auf dem Buchhändlermarkt sehr
gesucht sind. .
Nicht nur über diese letztere Art der Schönrednerei, sondern über
die in den No. 18—22 überhaupt behandelten Arten der wissenschaft-
lichen Reflexion ist hier eine zusammenfassende Bemerkung zu machen.
| 1. Was die Kriterien des Alters, der Seltenheit und der Schwierigheit
ıdes Beschaffens von historischen Daten (s. No. 18) betrifft, so liegt es in
ihrer Natur, dafs sie häufig zusammenfallen. Tritt nun dieser Fall ein‘
so ist die Glückseligkeit des Forschers viel zu gross, als dass er noch
zu einer ruhigen, vorurtheilslosen Würdigung des relativen Werths der-
selben fähig wäre. Man wird hierin eine gewisse Verwandtschaft des
Historiker mit dem Sammler bemerken, dessen Maafsstab der Bedeut-
samkeit ebenfalls theils durch die Alterthümlichkeit des Objekts theils
durch die Rarität desselben wesentlich bestimmt wird. Für diese Art
euer ist daher Alles Moderne ohne Weiteres ein Ding, über das man
verächtlich die Achseln zuckt oder mindestens mit einer völligen Inter-
esselosigkeit behandelt, wenn man sich ihm nicht entziehen kann. Hierin
liegt dann weiter der Grund, warum in den Werken solcher Historiker
die ältesten Partien der Geschichte stets mit der allergröfsten, die alten
mit grofser, die neueren mit geringer und die neuesten mit gar keiner
Sorgfalt und Ausführlichkeit abgehandelt werden und dafs’ die unbedeu-
tendsten Sachen älteren Datums in ihrer Darstellung mit mindesten
ebenso grossem Respekt betrachtet werden wie die allerbedeutendsten
neueren Datums. Der Kontrast in der verschiedenen Behandlungsweise
der älteren und neueren Kunstgeschichte geht bei dieser Klasse von
Historikern soweit, dafs die Leistungen des 19ten Jahrhunderts eigent-
lich gar nicht und selbst die des 18ten Jahrhunderts nur in sehr be-
schränktem Sinne für sie in Frage kommen. Selbst Kugler, einer der
schöpferischsten Geister auf diesem Gebiete, widmet in seiner Geschichte
der Malerei der christlichen Malerei bis zum Anfang des 15ten Jahrhun-
derts d. h. der eigentlichen Kindheit derselben 387 Seiten, während er,
die der neueren Kunstentwicklung, d. h. die Zeit von der Mitte des vorigen
Jahrhunderts bis zur Mitte des gegenwärtigen auf vier und zwanzig
Seiten abmacht! In Lübke’s Geschichte der Plastik ist die Zeit bis zu
Mitte dss 16ten Jahrhunderts mit 670 Seiten, die von da, d. h. von
Michelangelo bis auf die Gegenwart mit nur 74 Seiten, d. h. gerade mit
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