Full text: Von Fichte bis auf die Gegenwart (1. Theil, 2. Abtheilung)

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„Einzelne hat für ihn kein Interesse u. s. f.“ Wie stimmt dies 
u dem Obigen und zu dem (S. 355) Folgenden: „Wo die Wissenschaft 
„und das Leben sich so durchdringen wie bei ihm u. s. f.“ Diese ganze 
ederei von der künstlerischen Form seines Philosophirens, so anmuthend nn 
sie auch für selbst phantastische und unklare Geister klingen mag, hat . 
nicht den geringsten Werth, und für uns nur insofern ein lediglich psy a 
hologisches Interesse, als es gerade die am Buchstabengeiste haftenden © 
hilologen sind, welche damit für Plato’s_abstrakten Idealismus eintreten Se 
u müssen glauben. 
Auch in Ruge’s Platonische Aesthetik findet sich dasselbe Mifsver- 
ständnifs in Betreff der angeblich nothwendigen Form einer dsthetischen ) 
Behandlungsweise der Philosophie des Schönen zu rügen; ja, Ruge . 
geht nach dem Vorgang Schelling’s und Solger’s (vergl. unten $ 58 ; 
und $ 60, besonders No. 436 und 458) noch weiter, indem er (Pl. Aesth. Ki 
S. 3) bemerkt: „Es ist wahr, in Platon war die seltene Vereinigung des 7 
„Wissens und Könnens, der Philosophie und der Kunst; ein Umstand, Be 
„der zuletzt die einzige Wahrscheinlichkeit einer vollendeten Ze 
„Aesthetik gewährt.“ Im Uebrigen ist das Ruge’sche Werk nur eine an 
durch mehr oder weniger allgemein gehaltene Reflexionen unterbrochene f 
Zusammenstellung von platonischen Stellen, auf Grund der Schleier- 
macher’schen Bearbeitung kompilirt. Eine wissenschaftliche, oder wenig- 
stens im ernsthaften Sinne Kritische Arbeit ist es nicht. Indem er vor 
nehm die etwaigen Gegner Platos, die er als „eine ganze Heerde mit 
„mifstönigem, theils schulweisem theils ganz alltäglichem Geschrei neben- 
„herlaufen“ läfst (S. 5), einfach dadurch abfertigen zu können glaubt, 
dafs er ihnen den Vorwurf macht, sie seien nicht im Stande, Plato z 
verstehen, begnügt er sich damit, alles Barocke, Widersprechende und 
geradezu Beschränkte, was sich in Plato’s Ansichten über das Schöne, 
und die Kunst findet, möglichst zu mildern und abzuschwächen, und thut en 
dies überdies in einer, wie es scheint, platonisch-sein-sollenden schwül- . 
gtigen und umschweifigen ‚Sprache, der man die innere Gezwungenheit 
und Unnatur, d. h. die philosophische Unwahrheit, in jeder Zeile anmerkt. 
Was die Gliederung des Stoffs betrifft, so kann es allerdings als ; 
eine Art Fortschritt gegen Müller betrachtet werden, dafs er zunächst alle 
Dialoge darauf hin ansieht, was Plato über das Schöne sagt, und dann 
erst darauf, was er von den Künsten behauptet. Sonst aber fehlt der 
ganzen Darstellung ein wirklich leitendes Princip, das als kritische 
Maafsstab schon für die Anordnung der einzelnen Hauptmomente der . 
platonischen Aesthetik benutzt werden könnte. Ruge. ist eben kein 
Aesthetiker von Fach, und dafs er dies auch fühlt, geht am deutlichsten . 
aus den Schlufsworten der Einleitung hervor, welche dem unkritischen 
Verfahren seiner Darstellung ein elegantes Mäntelchen umzuhängen ver- 
sucht: „Um zu dem Kern der platonischen Aesthetik womöglich auf 
„platonischen Wegen hindurchzudringen, darf es uns nicht darum zu 
„thun sein, uns gleich an die tiefste Perlenbank hinunterzuzaubern (!), 
„gesetzt auch dies wäre möglich; vielmehr möchten wir das erste Auf- 
„dämmern mit der vollen Klarheit (?) des letzten Anschauens in einem 
„grofsen Blicke verbinden, wohleingedenk der alten Lehre, dafs jeder 
„nicht philosophische Weg in’s unentdeckte Land der ewigen Wahrheit 
„eine bedeutungsvolle Variation auf das erhabenste Thema des Menschen- 
„geistes, die platonische aber leicht die schönste und zugleich inhalts- 
„schwerste sei“. Das sind schöngeschnitzte Phrasen, wobei man 
sich alles Mögliche, d. h. eben nichts _Bestimmtes, denken mas.
	        
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