eizen, Elftes Kapitel
mn Das Gesetz des Kunstwerks
astler, NZ es Gesetze der Kunstgattungen nicht gibt,
künst- könnte man sagen, daß jedes einzelne Kunstwerk
aß sie sein Gesetz hat, das in der Anlage seiner Form, der
ıchen. Grundstimmung, die der Dichter ihm geben will, liegt.
volks- Das Wort bleibt immer irreführend, denn es handelt
nadeln. sich nicht oder fast nie um Regeln, die sich aufstellen,
‚ Klei- sondern wieder nur um Dinge, die sich erfühlen lassen.
ıs den Wenn in einem so stilisierten Drama, wie es Goethes
„Iphigenie“ ist, ein Akt in der ursprünglichen Prosaform
geblieben wäre, so würde uns das unzweifelhaft als
Formfehler stören. Wenn dagegen im „Faust“ die eine
Szene „Trüber Tag. Feld‘ in Prosa geblieben ist, so
stört es uns nicht, weil das ganze Stück fragmentarisch
angelegt ist, die einzelnen Szenen, als Ausschnitte des
kosmisch „vom Himmel durch die Welt zur Hölle“ füh-
renden Vorgangs, weit loser aneinander gereiht sind.
Goethe hat, als er alles übrige in Verse brachte, diese
Szene zweifellos deshalb in Prosa belassen und nur
kleine Änderungen im ursprünglichen Text vorgenom-
men, weil er das Gefühl hatte, daß er sie nicht ver-
bessern oder steigern konnte, daß ihre Stimmung in
dieser Form vollkommen war.
Jedes Werk hat seine Form und seine eigene Atmo-
sphäre, die seine Möglichkeiten bedingt. In einem phan-
tastischen Märchen oder in einem grotesk oder ironisch
angelegten Werk sind andere Möglichkeiten und andere
Notwendigkeiten, als in einer Erzählung, die die Illusion
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