Full text: Das aesthetische Problem

Form und der Stimmung willen geschieht. Der Akrobat ; 
ist kein Künstler: das, was er tut, geschieht um der ; 
Leistung willen: schon Ruskin hat erkannt, daß es voll- 
kommen unkünstlerisch ist, etwas zu bewundern, weil 
es schwierig ist. Der Varietesänger dagegen kann ein 
Künstler sein: niemand wird der Yvette Guilbert diesen 
Charakter absprechen wollen. 
*) Zu S. 74. Weil‘ die Künste sich nicht wirklich ein- 
teilen und abgrenzen lassen, kann es, wie Croce aus- 
geführt hat, auch keinen Vorrang unter den Künsten 
geben. Es kann nur mehr und minder gelungene Werke, 
mehr oder minder begabte Künstler geben. Falsch ist 
auch der oft gemachte Unterschied zwischen produ- 
zierenden und reproduzierenden Künsten, den es nicht 
gibt, der nur dadurch entstehen konnte, daß man sich 
über den Vorgang der künstlerischen Tätigkeit nicht 
klar war. Die Kopie, die bloße Wiederholung oder Nach- 
ahmung, — und das wäre eine Reproduktion, — ist nie 
Kunst, wenn auch oft viel Kunstverständnis und tech- 
nisches Können nötig sind, um sie auszuführen. Je 
besser eine Kopie nach einem Bilde Correggios aus- 
geführt ist, desto mehr vermittelt sie meinem Geist den 
Ausdruck Correggios und nicht den des kopierenden 
Malers. Aber das, was der Schauspieler, der Regisseur, 
der Virtuose zum Ausdruck bringt, das fügen sie als 
eigenen künstlerischen Ausdruck dem des Verfassers 
oder Komponisten hinzu. Das ist durchaus produktive 
Tätigkeit, soweit ihr Anteil reicht. Und es ist sinnlos, 
zu sagen, daß die Schauspielkunst oder herrliches Violin- 
spiel an sich geringere Künste wären, als die des Drama- 
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