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Staatslasten beitragen sollen. Diesem Grundsatze entsprechend b;
war die Steuergesetzgebung entworfen und von Jahrzehnt zu !
Jahrzehnt in der Richtung nach dem directen Steuersystem fort- Zi
entwickelt worden. In der 1868er Züricher Bewegung für die h
Umgestaltung der Verfassung bildete nun die Entlastung der 9
untern Klassen und eine entsprechende Progressivbesteuerung der
höhern Klassen eiue Hauptforderung. Die Verfassung versprach
Steuerfreiheit der Einkommen unter 500 Fr., den Wegfall des
Schulgeldes für den obligatorischen Unterricht, die Herabsetzung
des Salzpreises von 8 auf 5 Centimes für das Pfund, die Be-
freiung der Wehrpflichtigen von den Kosten der eigenen Aus-
rüstung und die Errichtung einer Staatsbank. Diese populären
Forderungen sollten nun durch die Progressivsteuer und durch
eine neue Erbschaftssteuer befriedigt werden. Die auf die Pro-
gressivsteuer bezüglichen ursprünglichen Anträge der staats-
wirthschaftlichen Commission lauteten :
»An die Stelle der gegenwärtigen Vermögens-, Einkommens-
und Handelsklassensteuer soll eine allgemeine Einkommenssteuer
nach progressiven Klassen eingeführt werden, unter Beachtung
folgender Grundsätze:
a) Einkommen von Vermögen soll wesentlich höher belastet
werden, als dasjenige, welches von Anstellungen, Arbeit oder
Thätigkeit jeder Art herrührt.
b) Geringeres Einkommen und dasjenige von arbeitsunfähigen
Personen, wenn letzteres nicht einen bedeutenden Betrag erreicht,
soll weniger stark belastet werden, als das übrige Einkommen.
In den Verhandlungen des Züricher Verfassungsrathes gingen
die Ansichten über die Durchführung des Prinecips der Pro-
gressivsteuer weit auseinander. Während manche. Kedner das
Wesen derselben in Entlastung der Kleinen erkannten, und daher
mit Vorliebe den Ausdruck Degressivsteuer dafür anwandten,
sahen Andere den Zweck der Progressivsteuer darin, für einen
bedeutenden Theil der neuen Staatsausgaben die Mittel zu ge-
winnen, ohne die kleineren und mittleren Vermögen mehr als
«rs