Full text: Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz (1. Band)

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Kanton Bern, dann in Zürich und Schaffhausen Strikes von 
Milchconsumenten stattgefunden, welche sich gegen die plötzliche 
Erhöhung der Milchpreise wendeten. Es war im Februar 1870, 
als die Bauern und Pächter auf 2 Stunden Entfernung rings 
um die Stadt Bern einen förmlichen Bund schlossen, die Milch 
in Zukunft namhaft höher zu halten. Darob entstand grosser 
Aufruhr im Lager der Milchhändler und Milchconsumenten. 
Eine in der Stadt Bern abgehaltene Versammlung machte Front 
gegen die Landwirthe, die den Preis der Milch auf 20 Centimes 
pro Mass erhöht hatten. Sie beschloss: 1) das Minimum des 
Milchpreises ist auf 18 Centimes zu setzen; 2) ein Comit6 soll 
untersuchen, ob es nicht zweckmässig sei, die Milch aus anderen 
Gegenden herbeizuschaffen; 3) es soll gegenwärtig keine Milch 
um 20 Centimes gekauft werden; 4) eine amtliche Milchprobe 
ist anzustreben. — Die ganze Bewegung hatte wenigstens für 
kurze Zeit einigen Erfolg und führte zu dem Versuche, aus 
weiterer Ferne nach der Freiburger Seite hin einen Milchstrom 
nach Bern zu lenken. — Im Bezirk Zürich fand im Juli und 
August 1870 ein gleichfalls ziemlich erbitterter Milchkrieg statt. 
Eine Versammlung von Landwirthen in der Gemeinde Unterstrass 
dicht bei Zürich hatte die Erhöhung des Milchpreises von 20 auf 
25 Centimes pro Mass beschlossen und als Hauptmotiv die Dürre 
und den Futtermangel angegeben. Dagegen erhoben sich nament- 
lich die Hausfrauen des Mittelstandes und der arbeitenden Klassen, 
welche Versammlungen zu Hunderten von Personen abhielten und 
sich gegenseitig verpflichteten, zu diesem Preise keine Milch zu 
kaufen. Das Publikum fand den frühern Preis von 20 Centimes 
pro Mass namentlich desshalb hoch genug, weil man. dafür nur 
immer sogenannte halbe Milch bekommen hatte, welche theilweise 
abgerahmt ist, soweit sie aus Abendmilch besteht, und hier und 
da von weniger gewissenhaften Verkäufern auch noch durch Wasser 
verdünnt wird. Zahlreiche Familien waren in der That ent- 
schlossen, eine Zeit lang auf Milch zu 25 Centimes zu verzichten 
und sich mit Mehlsuppen zu begnügen. Andere Familien schlossen
	        
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