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findig zu machen, und bei dem freiwilligen Armenverein anzufragen, in
welcher Weise er sich bei einer Suppenanstalt betheiligen wolle.
Der freiwillige Armenverein machte nämlich vielfach die Erfahrung,
dass Vielen, die der Unterstützung bedurften, und namentlich Reconvale-
scenten, oft weniger durch Arzneien als durch eine gesunde, nahrhafte,
wechselnde Kost am wirksamsten geholfen werden könnte; dass aber eine
Sparsuppe, so kräftig sie sei, nicht ausreiche ; ferner musste er sich sagen,
dass eine Gabe an Geld für bessere Nahrung an ein einzelnes Familien-
glied, das solche bedurfte, ihren Zweck kaum erfüllen, sondern leicht für
Anderes und für Andere verwendet werden dürfte; und eine Verabreichung
von Speisen das Zweckmässigste wäre. St. Gallen und Basel ermunterten
zur Errichtung einer Volksküche; dort gibt es Anstalten, die täglich in
einem freundlichen, artig möblirten Lokale aus weissen Tellern und
Schüsseln eine gute lautere Dünklisuppe, auf der prächtige Fettaugen, ein
Stück frisches Fleisch nebst Kartoffeln und grünem Gemüse, was wohl-
duftend anmuthet, an Jedermann, besonders die Arbeiter, verabreichen;
Anstalten, wo Jeder nach seinen Bedürfnissen befehlen kann, was er will,
aber auch dafür bezahlt. Solche Institute erzeigten sich als lebensfähig.
Wenn auch allerseits anerkannt werden musste, dass die Taxen äusserst.
niedrige seien, so lag in den grossen Ersparnissen bei Massenankauf der
Lebensmittel und bei Concentration der Bereitung das Gleichgewicht; die
Lebensfähigkeit ohne Opfer war erwiesen, und doch ein volles Genüge den
verhandenen Bedürfnissen geleistet.
Die im Schoosse des freiwilligen Armenvereins angeregte Idee, eine
Anstalt mit dem Principe der Selbsterhaltung zu schaffen, fand ebenfalls
Anklang und Beifall bei der Direetion der Hülfsgesellschaft und als sich
eine anonyme Gesellschaft zur Anstrebung dieses Zweckes bildete, und
durch Kauf eines Gebäudes ein erstes Lebenszeichen von sich gab, be-
schloss die Direction der Hülfsgesellschaft am 21. September 1870, die
von jener bereits angekaufte Scheune zu übernehmen und zweckdienlich
ausbauen zu lassen, Durch diesen anerkennenswerthen Schritt wurde die
Volksküche zur Thatsache. Eine Commission von fünf Mitgliedern in und
ausser der Mitte der Hülfsgesellschaft wurde bestellt mit dem Auftrage,
die baulichen Einrichtungen zu überwachen, den zukünftigen Betrieb zu
organisiren, und Statuten zu entwerfen für den Fall, dass sich eine in Aus-
sicht genommene Garantiegesellschaft für den Betrieb bilden sollte.
Es siegte die Ansicht, gegenüber mancherlei Bedenken, den Betrieb
selbst zu übernehmen, und damit war auch die Existenz der Anstalt ge-
sichert. Am 16. November 1870 beschloss die Direction der Hülfsgesell-
schaft, das Gebäude einer in Bildung begriffenen Garantiegesellschaft in
Miethe zu geben, und mit dem freundlichen Anerbieten auf dem Baucapital
nur 2'/, % (dem Mobiliarconto aber 41/, °%) in Rechnung zu bringen. Die
Generalversammlung der Hülfsgesellschaft am 31. December 1870 ge-
nehmigte diesen Beschluss, und der Betrieb der Volksküche ging an die