Allgemeiner Charakter der schweizerischen
Arbeiterverhältnisse
in ihren Licht- und Schattenseiten. ;
1. Sichtfeiten der induftriellen Yerhältnife.
Unsere Uebersicht über die in der Schweiz hauptsächlich be-
triebenen Erwerbszweige zeigt eine Mannigfaltigkeit, wie sie sich
vielleicht in keinem Lande der Welt auf einem so beschränk-
ten und schwerzugänglichen Raume wiederfindet. Dieser Um-
stand giebt auch den Arbeiter-Verhältnissen und Fabrikeinrich-
tungen ein ganz eigenthümliches Gepräge. Es giebt in der
Schweiz keine einseitige Industrierichtung , keine industriellen
Centralpunkte mit Arbeitermassen, sondern eine weite Verbrei-
tung der Industrie über das ganze Land bis zu den höchsten
Alpendörfern hinauf, wo man oft mitten in den Bergen an einer
Wasserkraft Fabriken erblickt oder Webstühle in Bewegung
sieht. Die Mehrzahl der Arbeiter wohnt nicht in den Städten,
sondern auf dem Lande, wo sich Viele gleichzeitig mit Land-
wirthschaft beschäftigen. Der Kampf mit der Kargheit des
Bodens und mit den das Werk der Menschenhände hier so viel-
fach bedrohenden Elementen hat der Bevölkerung eine gewisse
Rauhheit und Festigkeit gegeben und namentlich die ältere Ge-
neration genügsam und sparsam gemacht. — Die längere Ge-
wöhnung an politische und wirthschaftliche Freiheit hat den Sinn
für Selbstständigkeit geweckt, so dass man sich in ungünstigen
Zeiten und Geschäftskrisen leichter zu helfen weiss. Mit gTOSSEr
Leichtigkeit sind schon ganze Gegenden der Schweiz von einem
Industriezweige zum andern übergegangen, sobald die Zeit sich