Full text: Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz (1. Band)

8) Willkürliche Entlassungen der Arbeiter, so sehr man sich 
auch davor hütet, bringen einzelne Familien fast zur Verzweif- 
lung und stürzen sie in Schulden, aus denen sie sich manchmal 
ihr Leben lang nicht mehr herausreissen können. 
9) Die sehr wohlthätigen Krankenkassen erscheinen unge- 
nügend, weil sie fast nie die Höhe des Lohnes vergüten , ge- 
schweige denn Ersatz für Schaden an Wäsche, Pflege u. s. w. 
geben. Jede Krankheit verursacht daher dem Arbeiter grossen 
Verlust. 
10) Lust und Freudigkeit zur Arbeit fehlt, so lange dadurch 
nur ein dürftiges Fristen der Existenz in Aussicht steht, nament- 
lich ist dies auch für die Erziehung der Kinder nachtheilig. 
11) Erbitterung und Neid gegen die Besitzenden steigen 
überall da, wo sich das persönliche Interesse der Fabrikherrn 
für die Arbeiter nicht sehr rege zeigt, und wo die Fabrikanten 
sehr glänzend leben, ohne selbst viel zu arbeiten. 
12) Die körperliche Entwicklung der Kinder von Fabrik- 
arbeitern ist sehr mangelhaft, ihre Gesundheit leidet. Sie sind 
in grosser Anzahl untauglich zum Militärdienst. Am meisten ist 
der sittliche Zustand der Kinder von Fabrikarbeitern im Alter 
von 12 bis 16 Jahren zu beklagen. 
>»Der wesentliche Grund dieser Uebelstände wurde von einer 
Seite darin erblickt, dass die Industrie noch nicht ihre eigenen 
Kosten trage und dem Arbeiter nicht einmal den kostenden 
Preis seiner Arbeit vergüte. Zu den Selbstkosten der Arbeit 
gehöre nämlich nicht allein eine Wiedererstattung des in der 
Jugend aufgewandten Erziehungs- und Bildungskapitals, sondern 
auch eine Versicherung gegen die Gefahren wegen Arbeitsunfähig- 
keit und zeitweiliger Unterbrechung der Erwerbsfähigkeit. Der 
Arbeiter berechne aber gegenwärtig nicht die nöthige Amorti- 
sation seiner Arbeitskräfte. Die Fabrik entlasse die Invaliden 
der Arbeit, ohne dafür zu sorgen, dass sie in den Zeiten der 
Arbeitsunfähigkeit leben können. Man dürfe dafür nicht die 
Fabrikanten allein verantwortlich machen, denn diese seien Kin- 
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