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gefunden; ich habe ihr beigewohnt und bin freilich mit ziemlich gemischten
Eindrücken heimgekehrt. Es ist ein Glück, dass der definitive Beschluss
auf Beendigung der Greve lautete; aber es ist traurig zu denken, wie viek
Beredsamkeit, wie viel Gründe, wie viel Patriotismus aufgewendet werden
mussten, um zu dem so sehr bestrittenen Ziele zu gelangen, denn die «Ja»
überstiegen die «Nein» nur um wenige Stimmen. Grosselin führte den Vor-
sitz und er hat auch am besten, am ruhigsten, am verständigsten und ein-
dringlichsten gesprochen.
Mit Ausnahme der obligaten Tiraden gegen das Genfer Journal kanm
man sagen, dass seine beiden Reden und sein Resume sehr bemerkenswerth
waren. Amberny, der Advocat (Auvergnat von Geburt) hat ebenfalls das
Wort ergriffen. Er hat eine des Umstandes würdige oratorische Vorsicht
angewandt. Er hat sich als Freund der Arbeiter hingestellt, hat das Ver-
fahren der Meister wiederholt sehr bitter getadelt, er hat gesagt, dass der
Vorschlag, den er machen werde, nur eine vorübergehende Bedeutung habe,
und dass er nach dem Kriege sich an die Spitze der Arbeiter stellen werde,
um ihre Rechte (?) zu fordern. Nachdem er dadurch seine Zuhörerschaft
in die gewünschte Stimmung versetzt hatte, rückte er endlich mit seinem
Vorschlag, die Arbeiter möchten mit nächstem Montag zur Arbeit zurück-
kehren, heraus. Stürmische « Nein » unterbrachen ihn wiederholt und er
musste endlich abbrechen. Aber Grosselin gab darüber seine Sache nicht
verloren. Er nahm wieder das Wort und sagte nur, was er anfänglich ver-
schwiegen hatte, dass nämlich die Hülfsmittel zu fehlen beginnen. Bis dahin
wurden die Grevisten zum Theil von den Fabrikarbeitern Genfs unterhalten ;
aber diese werden von dem Krieg so empfindlich berührt werden, dass sie
nichts mehr für die Grevisten werden thun können. Cambessedes, Emil
Golay und Cresat bestiegen noch die Tribüne und appellirten an den Patrio-
tismus der Versammlung, aber ihre warmen Worte stiessen auf die näm-
lichen « Nein » wie die des Vorredners; es war das ein hartnäckiges, eigen-
sinniges Element, das den Stillstand mehr zu lieben scheint als die Arbeit.
Die Abstimmung war mühsam; sie musste wiederholt werden. Das
Ergebniss constatirte eine Mehrheit derjenigen, die sich wieder an die Arbeit
machen wollten. Auf morgen sind die Sectionen einberufen, um ihre Zu-
stimmung zu diesem Entscheide zu geben. Man hofft, dass dies geschehen
werde, aber man ist dessen doch nicht sicher. (Der Telegraph hat uns
inzwischen gemeldet, dass diese Hoffnung erfüllt wurde.)
Nach dem deutsch-französischen Kriege, welcher der Genfer
Bijouterie einen ausserordentlichen Aufschwung gebracht hatte,
haben wieder 1872 und 1873 Arbeitseinstellungen der Genfer
Goldarbeiter und Bijoutiers mehrere Monate lang bis Frühjahr
1873 stattgefunden. Während dieser Arbeitseinstellung war eines
Tages in den Strassen von Genf ein Aufruf, betreffend die striken-
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